Was soll ich sagen…. die erste Etappe war leider sprichwörtlich ein Desaster und die Aussichten auf ein gutes Endresultat habe ich bereits begraben.
Eigentlich fing alles sehr vielversprechend an und nach einer ungewöhnlich kalten Nacht (ich war eingepackt wie ein Eskimo), drehten meine Beine richtig gut. Vielleicht war es auch einfach die grosse Freude, nach 12 Tagen wie ein Hamster auf der Rolle wieder einmal Draussen fahren zu können.
Ich erwischte einen guten Start und fuhr anschliessend die ersten 35 Km ausschliesslich in den ersten drei Positionen. Durch den starken Rückenwind verbrauchte ich damit auch nicht viel mehr Energie und konnte all dem Staub und den Steinen aus dem Weg gehen.
Dass beim Titan Desert die Navigation über Sieg oder Niederlage entscheiden, ist nichts Neues und wenn ein Team mit einem Budget von wohl weit über 200’000 Euro antritt, dann sollte es gerade daran nicht liegen. Vor einem Jahr hatten wir deswegen bereits Diskussionen und leider wurde diesbezüglich nichts geregelt. Ansonsten ist das Setup perfekt, doch der wichtigste Teil fehlte auch heute. Selbst nach der Bekanntgabe des letzten Ghostpoints heute Morgen hiess es, dass es keine nennenswerte Abkürzungen geben würde und wir immer auf der vorgegebenen Strecke fahren sollten.
So war es dann auch nach etwas mehr als einer Rennstunde, ich fuhr an zweiter Stelle fahrend durch ein kleines Bergdorf und nach ein paar Hausecken kam plötzlich Hektik auf. Anscheinend waren der vierfache Sieger Betalu sowie der Spanische Marathonmeister Mantecon abgebogen. Mein Dauerrivale der letzten zwei Jahre (Herrero) war aber bei mir und nach einer kurzen Kommunikation mit seinen Helfern wurde das Tempo hochgeschraubt, denn die ursprüngliche Spitzengruppe war noch halb so gross. Bei mir waren auch meine Teamkollegen Pau Marza und Luis Léon Sanchez, denn wir sollten der Strecke folgen. Nach wenigen Minuten übernahm dann Sanchez und da mussten alle unserer Gruppe erfahren, wie viel Dampf ein Fahrer mit fast 20 Jahren in der World Tour hat. Sein Palmares könnt ihr gerne mal googlen aber die nächste Stunde war einfach nur brutal und Sanchez fuhr alles von Vorne.
Als wir schliesslich beim nächsten Checkpoint ankamen, wurden uns über 12 Minuten Rückstand angegeben!! Innert kürzester Zeit war nichts mehr in meinen Beinen und die Motivation wurde vom Staub verweht! Nicht nur der Rückstand war das Problem, ich musste auch zu viel ans Limmit geben und es war klar, dass ich dafür zahlen werde… Wie kann sowas passieren? Die „Shortcut“ Strecke durch einen schmalen Canyon bin ich bereits zweimal gefahren, doch ich habe meinen Laptop nicht dabei und kann so die Checkpoints nicht vergleichen, zumal wir die Daten der Checkpoints ja erst am Tag davor bekommen. Dies wäre dann eben genau die Aufgabe des Navigators…. und dieser fehlt bei uns, mit unserem Setup!
Der einzige unserer Gruppe, der den Kopf nicht in den Sand steckte war Sanchez und so mussten wir ihn beim nächsten Anstieg alle ziehen lassen. Bis ins Ziel sollte er schliesslich auf Betalu und Mantecon nochmals bis auf 1 Minute herankommen, unglaublich!!
Bei mir und auch bei Marza ging es nur noch rückwärts und unsere Gruppe explodierte auf den letzten 40 Km komplett. Am Ende fuhr ich sogar fast alles alleine bis ins Ziel, mit einem riesen Rückstand und ausserhalb der Top10!
Für mich scheint das Rennen um die Gesamtwertung gelaufen und ich hoffe, dass ich durch die gesparten Körner am Ende der Etappe in den nächsten Tagen hoffentlich mal auf einen Etappensieg fahren kann. Die Leaderrolle im Team ist nach heute wohl auch klar doch ich bin mir sicher, dass Sanchez das Rennen auch alleine auseinander fahren kann und keine Hilfe braucht!
7 Km und 300 Hm, das hätte der Shortcut eingespart….
Die Schuld nur auf die Navigation zu schieben wäre aber auch zu einfach, denn schliesslich hätte ich ja auch den anderen folgen können. Doch Betalu wie auch Mantecon hatten sich in den beiden Vorjahren mehrmals „verhauen“ und sich dadurch aus dem Rennen gebracht. Deshalb ist es am Ende auch so schwierig, den richtigen Riecher zu haben und den entsprechenden Hinterrädern zu folgen. Ich setzte heute auf Herrero und auch den geglaubten Leader des Cannondale Teams und beide waren in meiner Gruppe. Am Ende hatte ich dann auch nicht mehr die Beine, die es eben braucht, um einen entstandenen Schaden zu minimieren…..
Jetzt hoffe ich, dass ich morgen wieder dieselben Beine wie beim heutigen Start habe und der „Einbruch“ vor allem mental war. Es ist ja doch noch ein sehr langer Weg…
FullGaz