Rennberichte

DNF. an der SM……

Bild @Martin Platter

Es ist und wird vermutlich nicht der erhoffte Bericht, denn man gerne lesen möchte und meine Aufgabe bei der Schweizermeisterschaft kommt von etwas weiter her. Ich hatte keinen Sturz und auch keinen Defekt, zumindest keinen mechanischen…… ich wäre auch physisch ziemlich gut drauf, doch mental packte ich es heute einfach nicht mehr und der Grund dafür liegt ganz allein in meinem Kopf. Mein grösster Fehler war, dass ich überhaupt nach Grindelwald gereist bin, denn ich ahnte bereits im Vorfeld wie es vermutlich ausgehen wird!

Vielleicht habt ihr das Einzelzeitfahren der Frauen mit der Schweizer Top-Favoritin Marlen Reusser und ihrer Aufgabe gesehen und das anschliessende Interview von ihr. Schlecht für mich war, dass ich ihr Interview vor meinem Rennen angeschaut hatte, denn ihre Worte schwirrten mir heute die ganze Zeit durch den Kopf und ich könnte statt diesem Bericht auch einfach ihr Interview hier einspielen lassen, es wäre zu 100% identisch!

Nach Aufgabe im WM-Zeitfahren – Reusser: «Muss etwas Abstand haben, damit der Hunger wiederkommt» – Sport – SRF

Im Vorjahr war mein einziger Start bei einem Schweizer Rennen die Schweizermeisterschaft in Fribourg und diese bin ich auch nur gefahren, weil es eben die Meisterschaft war und ich mir grosse Chancen auf den Titel ausrechnete. Für dieses Jahr hatte ich ausser dem Engadin Bike Giro ebenfalls keinen Start bei den Schweizer «Klassikern» geplant und dies hat derselbe Grund wie vor einem Jahr. Ich kann mich für die Schweizer Rennen schlicht nicht mehr ausreichend motivieren. Den Eiger Bike bin ich sogar seit 2019 nicht mehr gefahren und das hat seine Gründe. Die Charakteristik der Strecke mit den sehr langen Anstiegen am Stück passt nicht mehr in mein Fahrerprofil und früher bin ich diese Rennen deshalb gefahren, weil ich sie von Seite des Teams natürlich hatte fahren müssen.

Schon länger habe ich meine Vorlieben bekanntlich auf schnellen und vor allem coupierten Strecken und da gehört das Eiger Bike leider nicht dazu. Die 80 Km und 4’000 Hm sind einfach nur brutal hart, nicht nur für die Beine sondern vor allem für den Kopf. Auch beim heutigen Rennen gab es am Ende  sehr grosse Abstände und jeder kam allein ins Ziel. Dies bedeutet natürlich auch während dem Rennverlauf, dass man über weite Strecken auf sich alleine gestellt ist und sich auch dementsprechend motivieren muss. Es ist praktisch so, als würde man allein eine geführte Biketour machen. Taktische Spielchen, packende Positionskämpfe (wie zB. vor einem Monat beim Black Forest) und somit offene Rennausgänge sind bei solchen Rennen Fehlanzeige, denn dafür sind sie zu ehrlich und der Stärkste gewinnt, Punkt. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht meinen Frust oder eine Kritik an einem solchen Rennen ablassen, sondern ganz einfach meinen Standpunkt aufzeigen, wieso ich mich nicht mehr dazu motivieren kann.

Der Grund meiner Teilnahme lag vor allem darin, dass ich nach meiner Zusage zum Swiss Epic ja sowieso hier in der Schweiz gewesen bin und als Titelverteidiger und Schweizer Marathonfahrer an den Start gehen sollte. Die Vorfreude auf das Swiss Epic ist kein Thema und auch weiterhin ungebrochen, doch für die SM spürte ich weder Vorfreude noch hatte ich ausreichend Fokus. Ich startete, weil es eben dazugehörte und genau dies ist der Punkt, den Marlen im Interview sehr gut erklärte. Rückblickend hätte ich die Grösse haben und gar nicht erst nach Grindelwald reisen sollen! Doch manchmal kann es eben auch sein, dass ohne Druck und ohne Erwartungen plötzlich doch etwas geht, denn wie gesagt ist meine aktuelle Form eigentlich sehr gut und ich bin überzeugt, dass ich bei anderen grossen Rennen auch absolut um den Sieg mitfahren könnte.

So kam es halt, dass ich zwar bis zum ersten Gipfel hinauf zum Feld in der zweiten Gruppe mit Huber, Barandun, Brunn und Stauffer mitfahren konnte, doch bereits in der folgenden Abfahrt den Anschluss verlor. Gemeinsam mit Swiss Epic Partner Barandun fuhr ich dann das Zwischenstück bis zum Anstieg hinauf zur Grossen Scheidegg stehts ca. 50 Sek. hinter Huber & Brunn, doch bereits da tat ich mich schwer, mich für das Bevorstehende einzustimmen. So verlor ich schliesslich den Kontakt zu Barandun und ab da war ich im Niemandsland angekommen. Ich fuhr weiter hinauf zum First und wo jeder Tourist und selbst Schweizer im Normalfall allein von der Aussicht auf die weltberühmte Eiger Nordwand Gänsehaut bekommt, empfand ich keinerlei Emotionen mehr. Schlimmer noch, als es auch noch anfing leicht zu regnen war ganz fertig, denn auch das Schweizer Wetter machte mich in den letzten drei Wochen sprichwörtlich fertig. Die Abfahrt vom Bachalpsee zurück ins Tal wurde rutschig und gemeinsam mit den vielen Negativgedanken in meinem Kopf wurde es über die vielen Steine und Felsplatten richtig gefährlich. Mit diesem Bewusstsein fuhr ich schliesslich ohne Risiko zurück ins Tal, wo mein Vater bei der nächsten Verpflegung auf mich wartete.

Als ich schliesslich da war, brach es mir fast das Herz, denn eine Rennaufgabe bedeutet auch immer die Tatsache, dass man seine Betreuer oder auch Sponsoren «im Stich» lässt. Mein Vater ist extra mit mir mitgereist, hat sich Zeit genommen für mich und hätte vlt. auch lieber eine schöne Biketour unternommen. Ich nahm also die neue Flasche und fuhr ………. Weiter!

Nach einem eigentlich spassigen Zwischenstück via Marmorbruch ging es nun auf der anderen Talseite hinauf zur kleinen Scheidegg. Noch einmal über 1’000 Höhenmeter am Stück und da war dann nach gut 400 Hm Schluss, ich konnte einfach nicht mehr. Wie ihr wisst, gebe ich nur ungern ein Rennen auf und wie ihr auch wisst bin ich ein Rennfahrer, der entweder Vollgas fährt oder nicht. So wie ich heute unterwegs war macht das Ganze schlichtweg weder Spass noch Sinn und die paar Körner, die ich auf der verbleibenden Rennstunde noch verpulvert hätte, spare ich mir lieber für die kommenden fünf Renntage beim Swiss Epic auf!

Durch meine Aufgabe habe ich also eine Nullnummer an der SM und auch das Rennen in Leadville verpasst. Doch beidem trauere ich im Grunde nicht viel nach, denn ich bin mir zu 100% sicher, dass ich auch in Leadville eine Enttäuschung hätte einstecken müssen. Die Heimreise von Amerika und der ganze Aufwand wären dann einfach noch 10-Mal grösser gewesen!

Einen schönen Abschluss des Tages gab es dann trotzdem, denn immerhin kam ich am Abend noch rechtzeitig zum Konzert meines Bruders, der beim ersten Looren Openair mit seiner Band Los Billtones während 90 Minuten das Publikum begeisterte und spätestens da war für mich einmal der Rennsport ganz weit weg!

Dass ich ein Kopfmensch bin, wisst ihr auch schon lange und dass es im Rennsport für Erfolge nicht nur schnelle Beine braucht, ist auch bekannt. Ich trauere dem verpatzten Rennen aber kein bisschen nach und vielmehr war es für mich heute eine Bestätigung für das, was ich in Zukunft machen will. Nun wird es für mich nach einem Tag zu Hause am Montag weiter in die Lenzerheide gehen. Da starte ich dann am Dienstag zum fünftägigen Swiss Epic! Zeit für Negativgedanken bleibt also keine und ich bin überzeugt, dass diese auch gar nicht erst aufkommen werden! Mit Fadri und seinem Team habe ich einen richtig coolen Partner an meiner Seite und ich denke, wir werden auch neben dem Rennen eine gute Zeit zusammen haben! Ausserdem sind die Wettervorhersagen ganz nach meinem Geschmack und den Grossteil der Strecke kenne ich ebenfalls!  

Nun wisst ihr also Bescheid und ich hoffe, dass ich euch bald wieder etwas freudigere Rennberichte bieten kann!

Bild @Martin Platter