Rennberichte

Totalausfall an der Heim-SM

Dass Radsport nicht gleich Radsport heisst, das weiss ich schon sehr lange und so war ich mir im Vorfeld der Strassenschweizermeisterschaften vollends bewusst, dass es kein einfacher Renntag werden würde. Dass ich dann aber auch noch ausgerechnet am Tag X mit ganz schlechten aufwachte, erschwerte den „Abstecher“ auf die Strasse zusätzlich. Meine gezeigte Leistung war nicht nur schlecht, sie war miserabel und ich hätte jedem mich anfeuernden Zuschauer an der Strecke vor meiner Haustüre sehr gerne mehr gezeigt!

Der Strassensport ist eine Sportart, die von Aussen nur schwer zu begreifen ist und der Unterschied zum MTB- Sport extrem. Ich hatte mich als Junior (GP Rüebliland) einmal bei kleineren Strassenrennen versucht und bin 2011 die Kroatien & und 2012 die Mallorcarundfahrt bei der Elite gefahren. Danach beschränkten sich meine Einsätze auf kleinere Rennen (Tour de good Hope in Südafrika) und selbst da musste ich jedes Mal feststellen, wie gross die Belastungsunterschiede sind. Man könnte denken, dass gerade der MTB Marathonsport mit dem Strassenradsport durch die ähnliche Renndauer noch am ehsten etwas gemeinsam haben, doch dem ist nicht so. Mountainbike Marathonrennen sind konstant schnell und bei langen Anstiegen wie bei Schweizer Rennen üblich zählt vor allem eines, eine hohe Schwellenleistung. Bei Strassenrennen kommt es natürlich ganz auf die gefahrene Position an, doch entweder ist es extrem schnell oder „erträglich“. Ein sehr grosser Unterschied ist natürlich auch die Geschwindigkeit und somit das Momentum für die Beine. Bei einem MTB Rennen bewegen wir uns im Normalfall zwischen 22 bis 26 Km/h, auf der Strasse normalerweise zwischen 40-45 Km/h im Durchschnitt und der Druck auf der Pedale fühlt sich bei hohen Tempos ganz anders an. Machen die Beine einmal zu und verliert man bei 60 Km/h auf der Geraden den Anschluss, dann wars das und man hat keine Chance auf ein Zurückkommen. Während man auf dem MTB praktisch jederzeit seine Position auf dem Rad wechseln kann (zB. Wiegetritt), so ist das auf der Strasse in ultraschnellen Phasen teilweise für mehrere Minuten unmöglich und die Muskulatur verkrampft sich immer mehr, sofern man sich dies nicht gewohnt ist. (Bei 65 Km/h geradaus kann man ja nicht mehr locker aus dem Stattel gehen….) hinzu kommt dann auch noch die Position auf dem Rad, welche ich so gut wie nie fahre, denn sitze ich auf dem MTB sehr aufrecht, so sollte man sich auf dem Rennrad möglichst klein und windschnittig machen….

Ich lasse meine Erklärungen an dieser Stelle stehen, denn ich könnte noch ein ganzes Buch darüber schreiben, zumal es ja auf der Strasse noch unzählige verschiedene Fahrertypen und Taktiken gibt.

Die SM Strecke war wenigstens eines, sehr ehrlich und so blieben zumindest die von mir gefürchteten Positionskämpfe von Anfang an aus. Es ging nämlich bereits nach 500 flachen Metern bergauf Richtung Bergpreis.

Leider klagte ich bereits die ganze Woche über schwere Beine und auch eine gewisse Müdigkeit im Kopf. Obschon ich das Training massiv reduzierte und auch nur lockere Einheiten absolvierte, erholte ich mich nicht richtig und die Beine blieben schwer und schlecht. Dazu kam ich einfach nie zur nötigen Ruhe. Gross Zeit, mich auf die Belastungen der Strasse vorzubereiten blieb mir trainingstechnisch auch nicht und dann kam noch eine gewisse Blockade im Kopf. Ich war extrem nervös vor dem Start und fühlte mich wie ein Kind vor seinem ersten Schultag.

Nachdem ich meine Startnummer geholt hatte war ich dann vor allem ab der Lockerheit der Stars wie Küng, Dillier & Co. überrascht, denn alle sassen sie auf einer Bank unter einem Baum im Schatten und montierten in aller Ruhe ihre Startnummer. Daneben der Schuljunge, der zuerst einmal abschauen musste, wie man die Nummer am Rad fachgerecht montiert!

Der Start war dann zum Glück nicht ultraschnell und als sich ein Fahrer absetzte, da wartete ich kurz ab, wie das Feld reagieren würde. Ich hatte mir insgeheim einen Plan zurechtgelegt und dieser schien dann tatsächlich zu funktionieren. Der erste Teil des Anstieges von Wetzikon nach Bäretswil war nicht so steil und vor allem sehr breit. Der zweite Teil hinauf zum Bergpreis war dann relativ schmal und etwas steiler und ich war mir sicher, dass man bereits in der ersten Runde sehr gut positioniert sein müsste, wollte man mit der Spitze über den Bergpreis kommen. So sprang ich noch im ersten Abschnitt aus dem Feld und schloss die Lücke zum Ausreisser. Danach fuhren wir ca 20 Sekunden vor dem Feld in den zweiten Abschnitt hinauf zum Bergpreis und da konmte ich meinen eigenen Rhythmus ohne jegliche Positionskämpfe fahren. Der Plan ging also perfekt auf und so fuhr ich tatsächlich an der Spitze über den Bergpreis, ehe auch gleich die ersten Fahrer des Feldes an mir vorbeischossen. Ich hatte damit eine gute Ausgangsposition für den weiteren Verlauf geschaffen, denn das Feld der 125 gestarteten Fahrer war bereits extrem dezimiert. Mein Problem war nun, dass es im weiteren Verlauf der ersten Runde extrem schnell war und ich Mühe mit dem zu Beginn erwähnten Momentum hatte. Von Erlosen nach Wetzikon fuhren wir über 60 Km/h geradeaus und dann setzt Dillier noch eine Attacke drüber…. meine Beine gingen statt auf nun noch mehr zu und so kämpfte ich bereits in der zweiten Runde am Anstieg, um den Anschluss zu halten. Leider war’s dann nach em Bergpreis um mich geschehen und ich wäre in Girenbad am liebsten direkt nach Hause abgebogen. Ich schämte mich richtig über meine Leistung und trotzdem versuchte ich, mit den nächsten Verfolgern mit zu fahren und den Anschluss vlt nochmals herzustellen. Auf der Strasse ist das ja auch so etwas Verflixtes, denn es könnte ja auch jederzeit im Feld etwas langsamer werden und zack, ist man wieder dran. Dafür war das Rennen aber leider zu kurz und es gibt in der Schweiz auch zu wenig Teams, die ein solches Rennen kontrollieren können. Anstatt den Anschluss zu schaffen investierte ich extrem viel Energie und am Ende wurde unsere Gruppe vom nächsten Feld eingeholt. Das Problem war, dass meine Beine ganz einfach zu und blockiert waren und es dann auch im zweiten Feld nach zwei Runden richtig hart wurde.

2 Runden vor Schluss ging dann einfach gar nichts mehr und so musste ich mich auch aus jener Gruppe verabschieden. Da mein Betreuer (Danke Markus Graf) noch oben am Bergpreis auf mich wartete, fuhr ich noch einmal bis zu ihm, nahm meine letzte Flasch und fuhr zurück bis kurz vors Ziel, wo ich das Rennen aufgab. Da wäre ich vermutlich sowieso rausgenommen worden, da mein Rückstand schon viel zu gross war. So stand ich also hinter jenen Absperrgittern, die ich am Freitag den ganzen Tag mit grosser Freude aufgestellt hatte, mit einer Enttäuschung dahinter und schaute den Zielleinlauf von Sieger Hirschi & Co.!

Die Emotionen an diesem Renntag waren extrem und ich kämpfte zweimal mit den Tränen. Das erste Mal vor Freude, als ich an der Spitze des Feldes am Anfang an den vielen Zuschauern vorbei fuhr und meinen Namen auf einem der Banner sah und das zweite Mal, als ich abgeschlagen und einer gefühlten Dehmütigung aus dem Rennen stieg.

Dass am Ende nur knapp 30 Fahrer das Rennen beenden konnten zeigt, wie schwer es war und dass ich mit 34 Jahren ganz einfach nicht mehr auf allen Hochzeiten tanzen kann ist auch normal. Trotzdem hätte ich mir ein wenig mehr erhofft und mein Problem der schweren Beine ist ja nun auch nicht so einfach gelöst. Ich muss nun schauen, wie ich mich die Tage weiter erholen werde und hoffe, dass ich den Tritt möglichst rasch wieder finden werde!

Einmal mehr stellte der RV Wetzikon (neben dem Bikerennen) einen erfolgreichen und tollen Anlass auf die Beine und ich möchte mich bei allen Fans an der Strecke ganz herzlich für die Zurufe bedanken! So oder so wird mir dieses Wochenende lange und trotz der schlechten Leistung in positiver Weise in Erinnerung bleiben! Am Ende ist es wie immer, es war nur ein Fahrradrennen und die Welt dreht sich weiter!