Rennberichte

Etappensieg und Leadertrikot nach der zweiten Etappe beim Titan Desert Marokko!

Wauw, was für eine Etappe! Ehrlich gesagt weiss ich gar nicht, wie ich die heutigen Geschehnisse in Worte fassen soll… es ist viel passiert aber ich versuchs einmal…. !

Der Einstieg in den Tag missglückte leider auch heute, denn statt meinem Telefon raubten mir ein Rudel kläffender wilder Hunde neben dem Camp bereits um 4 Uhr den Schlaf! So stand ich ziemlich müde aber dafür mit sehr guten Beinen am Start zur zweiten Etappe, welche über sehr schnelle 112 Km und 1’400 Hm führte.

Die ersten 40 Km waren ultraschnell, denn es war ausschliesslich flach und es herrschte starker Rückenwind. Das Problem war nur das Gelände, denn der Jeeptrack war voller Steine und es war extrem gefährlich. Ich positionierte mich hinter dem eingereihten Cannondale Team, welches versuchte, die hektische Startphase zu kontrollieren.

Nach 40 km begann dann endlich der lange Anstieg, welcher sich in Etagen während rund 35 Km hinauf schlängelte und somit wurde die Spitzengruppe endlich dezimiert und der ganze Stress nahm ein Ende!

Das Spezielle am heutigen Tag war die „Skodachallenge“, wobei während den letzten 7 Km und 250 Hm des Anstieges die Abschnittszeit separat gemessen wurde und für den Schnellsten sprangen 60 Sekunden Bonifikation heraus. Natürlich war ich nicht der Einzige, der daran Interesse hatte und so versuchte ich es bereits bei einem Anstieg davor, die Gruppe zu sprengen, erfolglos. Somit musste meine zweite Taktik greiffen und ich sollte als Letzter der Gruppe über die Matte fahren. Leider missglückte auch dieses Unterfangen, denn während gut 6 Fahrer vor mir fuhren, fuhr Leader Herrero hinter und einer seiner Helfer Munoz neben mir her und meine Stillstandversuche vor der Zeitmatte musste ich schliesslich abbrechen, da die Spitzengruppe davonzog und da der dritte Cannondale Fahrer Bou und der Etappendritte von gestern, Pierre Billaud vorne weg zogen. Ich war mir ziemlich sicher, dass sich Munoz die Bonifikation sichern würde, damit hätte er für das Cannondale Team die Sache geregelt. Mein Teamkollege Marza wartete auf mich, denn der erste Km war noch eher flach, es richtig bergauf ging. Er führte mich und meine zwei Begleiter wieder in die Gruppe, doch just im selben Moment als wir wieder dran waren, attackierten Billaud und Bou. Ich reagierte nicht gleich, denn eigentlich wäre es auch ok gewesen, wenn Billaud die Wertung gewinnen würde. Damit wäre nämlich er der neue Gesamtleader und Cannondale müsste auch Morgen weiter Druck ausüben.

Als die beiden dann gut 20 Sekunden vor uns lagen, erhöhte ich dann doch und zu meiner Überraschung konnte mir nur noch Herrero folgen. Joker „Munoz“ war somit weg, doch was nun?

Vorne sah ich, dass Bou dem Tempo von Billaud nicht mehr folgen konnte, doch ich meinerseits musste ebenfalls alles alleine gegen den Mittlerweilen starken Gegenwind machen, da Herrero nicht forcieren konnte oder nicht wollte. Mein Problem war nun, dass ich eine Attacke von ihm parieren müsste, denn würde er mich distanzieren, hätte er vorne mit Bou einen Helfer zur Seite und ich wäre am A…. ! Somit hielt ich das Tempo hoch und 1 Km vor dem Gipfel stellte ich dann Bou, doch Billaud war nicht mehr einzuholen und somit sicherte er sich die Wertung. Was nun, es waren ja noch 25 Km bis ins Ziel!

Nach einer kurzen Abfahrt folgte der erste von drei kurzen Gegenanstiegen und da gab es einen offensichtlichen „Shortcut“. Zu meiner Überraschung blieb Billaud auf der Strecke und ich bog in die Abkürzung ein und diese war dann tatsächlich rund 1 Minute schneller!

Somit hatten Bou, Herrero und ich aus 30 Sekunden Rückstand plotzlich einen 30 sekündigen Vorsprung. Würden wir diesen bis ins Ziel ausbauen, wären die Bonifikationssekunden für unseren Verfolger nutzlos……

Vor uns lage eine lange Abfahrt und der Gegenwind war extrem. Wir harmonierten aber ziemlich gut und trotzdem kamen wir nicht entscheidend weg. Erst auf den letzten 10 flachen Km bis ins Ziel tat sich dann doch noch die Lücke auf, denn alleine gegen drei ist eine beinahe aussichtslose Situation.

Somit ging es nicht nur um den Tagessieg, sondern auch um das Leadertrikot und dieses musste heute her! Nach einer kurzen Diskussion war klar, dass wir es heute ausfahren werden, denn schliesslich weiss ich noch nicht, ob ich nochmals die Chance zu einem Etappensieg haben werde! Das Problem war einmal mehr die Tatsache, dass ich alleine gegen zwei Teamkollegen antreten musste und ich bisher sämtliche Sprints gegen Herrero verloren hatte!

Bou opferte sich auch heute kompromisslos für seinen Teamkollegen auf und aus meiner Sicht war er klar der Stärkste des Tages, doch während er sich vorne im Wind befand, hatte ich an dritter Position die beste Ausgangslage.

Heute reichte es und ich feierte meinen ersten Etappensieg und überhaupt den ersten Sieg in diesem Jahr. Da wir gestern zeitgleich waren, brachte mich der kleine Abstand von heute auch noch ins Leadertrikot!

Der Abstand ist natürlich nichts und es ist irgendwie krass, dass es praktisch genau gleich verläuft, wie vor einem Jahr und dies, obwohl die Strecke viel selektiver ist!

Heute konnte ich einmal mehr auf meinen guten Renninstinkt und grosse Erfahrung zurück greifen. Ich hatte in jeder Situation die richtige Entscheidung getroffen und ich geniesse jetzt einfach den Moment. Denn dass es bis zum Ende so weitergeht, ist bei diesem Rennen alles andere als selbstverständlich und Morgen steht mit 130 Km eine ziemlich harte Etappe bevor! Die Marathonstage, bei welcher wir am Ende des Tages auf dem Teppich unter freiem Himmel schlafen müssen, ohne Support vom Mechaniker und auch ohne Massage!

Wir sind also mittendrin, im Titan Desert 2023!

Vamos!