Wer meine letzten Blogeinträge gelesen hat, der hatte bestimmt mitbekommen, dass ich in letzter Zeit ziemlich in der Luft hing was meine Zukunft anbelangt. Die vergangenen Wochen waren tatsächlich nicht gerade leicht und die grösste Herausforderung als «Privatfahrer» liegt auch darin, dass ich mehr oder weniger mein gesamtes Programm selber bestimmen kann-/ darf. Ich bin es mir ja schon lange gewohnt, alles (auch Training) selber zu planen und die nötige Struktur zu schaffen. Mein Weg war nicht immer gradlinig und wich stets ein wenig von den meisten meiner «Berufskollegen» ab, indem ich immer wieder neue Rennen aussuchte und sich meine Saison oftmals über das ganze Jahr erstreckte! Auch dieses Jahr fuhr ich in 11 von 12 Monaten ein Rennen und stand dabei in deren 9 davon mindestens einmal auf einem Podest! Die Fähigkeit, eine extreme Bandbreite zu fahren zeichnet mich aus und gerade bisher hatte ich fast nie Mühe, mich für das Training und Wettkämpfe zu motivieren. Einzig im Coronajahr war dies der Fall, denn ohne Ziele war die Motivation tatsächlich etwas gebrochen und in genau derselben Situation befand ich mich in den letzten Wochen wieder. Ja, der Dash war zwar noch ein letztes Saisonziel, doch der Körper war müde und der Ansporn nach so vielen Teilnahmen auch nicht mehr der gleiche wie auch schon und damit schlicht nicht mehr genügend «Holz» zur Verfügung, um das Feuer zu entfachen!
Ich habe dieses Jahr im Training für Veränderung gesorgt, indem ich so viel gereist und an solch vielen neuen Orten trainieren konnte. Ausserdem trainierte ich rund 80% auf dem MTB und nicht mehr so viel auf der Strasse wie in der Vergangenheit. Während rund 900 Stunden auf dem Rad sammelte ich über 21’000 Km und absolvierte rund 400’000 Höhenmeter! Ich hatte in rund 47 verschiedenen Betten übernachtet und die Anzahl Nächte «auswärts» gibt es nicht, da meine Frau und ich aktuell an keinem wirklichen Ort zu Hause sind. Das Alles macht mir nichts aus, wenn ich Ziele vor mir habe und der Weg damit gegeben ist. Während sich der Weg meiner Frau mit den Meisterschaften im Februar (Namibia & African Champs) sowie dem fest eingeplanten Cape Epic ergeben wird, wollte ich das Cape Epic nicht mehr fix in meine Planung einbauen, da bei mir das Feuer für dieses Rennen in diesem Jahr endgültig erloschen ist. Ich würde es vlt. noch einmal fahren, wenn ich es nicht mehr selber organisieren müsste, sozusagen als Training oder Ersatzfahrer einspringen aber nicht mehr mit dem Hauptfokus darauf! Dafür ist mir das Risiko und Bereitschaft für eine mögliche Enttäuschung zu gross!
Zwei meiner ganz grossen Wünsche gingen in meiner doch schon langen Karriere bisher nicht in Erfüllung. Das eine ist das wohl bekannteste Rennen der USA, das Leadville Trail 100, ein MTB Marathon über 100 Meilen! Das andere ist das Unbound Gravel (früher Dirty Kanzas), das ebenfalls bekannteste und prestigeträchtigste Gravelrennen der Welt über 200 Meilen. Bei beiden Rennen hatte ich mich schon mehrmals vergebens bei den Veranstaltern «beworben» und einen Startplatz gibt es nur via Lotterie, was natürlich Aufgrund der enormen Nachfrage für diese Rennen sehr schwierig ist. In diesem Jahr wurde in den USA eine neue Serie lanciert, die «Lifetime Grand Prix Serie», welche rund 6 der grössten Rennen Amerikas beinhaltete (unter anderem das Unbound, das Leadville oder auch die Sea Otter Classic). Dabei standen rund 250’000 Dollar Preisgeld im Pot! Das Spezielle der Serie ist, dass nur gerade 30 Männer & 30 Frauen für die Serie zugelassen wurden und die FahrerInnen nach Bewerbungskriterien ausgesucht und eingeladen wurden. Die FahrerInnen der Serie erhalten somit auch gleichzeitig bei sämtlichen 6 Rennen einen freien Startplatz! Durch den Mix aus klassischen MTB Marathons -sowie Gravelrennen werden ziemlich unterschiedliche Fähigkeiten auf die Probe gestellt und das macht die Serie auch so reizvoll!
Auf die kommende Saison wurde die Anzahl Teilnehmer auf je 35 erhöht, ebenso die Anzahl der Rennen, neu sind es deren 7 & 5 davon müssen gefahren werden! Für mich gab es auf die nächste Saison und meine Zukunft betrachtet noch genau diese eine Chance, um ein neues Kapitel in meiner Karriere aufzuschlagen und so füllte ich das Bewerbungsschreiben (man hatte vom 2. Bis 9. Dezember dafür Zeit) aus und wartete auf die Bekanntgabe der Startplätze am 15. Dezember. Ehrlich gesagt sah ich meine Chancen nicht sehr gross, denn der Amerikanische Markt ist ja für sich alleine schon riesig und gegen die internationalen Hochkaräter würde ich sowieso nicht bestehen, zumal das Interesse vor allem im Gravelsport enorm zugenommen hat! Vorgestern checkte ich dann trotzdem beinahe im Stundentakt meine Mailbox und ja, es passierte nichts! So ging ich ein weiteres Mal todmüde (seit dem Dash) ins Bett und die einzige und letzte Hoffnung bestand nur noch in der Zeitverschiebung! Somit war klar, was ich gestern Donnerstag nach dem Aufstehen als erstes tat, ja…… ich öffnete meine Mailbox! Vlt. habt ihr den Freudeschrei bis nach Europa gehört, aber hier in Swakopmund waren vermutlich alle meine Nachbarn hellwach und dachten, jemand hat im Lotto gewonnen und wurde über Nacht zum Millionär!
Ernsthaft…. die Emotionen, welche mich nach der Bestätigung der Aufnahme überkommen haben sind etwa vergleichbar mit dem Sieg bei den Schweizermeisterschaften und auch das Lachen brachte ich gestern den gesamten Tag nicht mehr weg! Die Tatsache, dass ich einer aus 35 Fahrern bin, der nun die gesamte Serie in den USA fahren darf, bedeutet für mich quasi der Startschuss vom Ende meiner aktuellen Karriere! Ich kann sprichwörtlich sagen, dass damit für mich ein Traum in Erfüllung geht!
Die Selektion bedeutet mir unglaublich viel, denn sie ist der Verdienst meiner Karriere. Jener Karriere, die die letzten Wochen sprichwörtlich auf dem Scheitelpunkt stand und dies, obschon ich dieses Jahr sehr viele Erfolge feiern durfte! Jetzt wird mir eine riesige Chance geboten und vlt. gehen damit neue Türchen auf! Amerika schien für mich als Einzelfahrer immer eine Nummer zu gross und ich hatte riesigen Respekt davor, in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu reisen. Durch die Möglichkeiten der verschiedenen Rennen werde ich nun praktisch automatisch eine «geführte» Reise antreten und das «Holz» fürs Feuer ist bis in die letzte Zelle meines Körpers zurückgekehrt und bereits entfacht!
Die Müdigkeit scheint ebenfalls verflogen und einmal mehr zeigt es mir auf, wieviel der mentale Aspekt ausmacht! Trotzdem…. meine Pause werde ich jetzt noch bis und mit Weihnachten durchziehen und die Tage der Erholung widmen. Langweilig wird mir nun auch nicht mehr, denn es steht eine enorme Planung und logistische Herausforderung bevor! Mein nächster Fixpunkt ist im Moment der 8. Januar, denn dann werde ich für rund 3 Wochen in die Schweiz zurückkehren, ehe ich anschliessend in Namibia und Südafrika den Grundstein für die Saison legen werde. Eine Saison, auf die ich mich so sehr freue, wie schon lange nicht mehr! Wie schnell es gehen kann…….
So, nun wisst auch ihr über meine aktuellsten News Bescheid und ich wünsche euch einen schönen Schluss des Jahres 2022! Die Feiertage stehen kurz bevor und ja, manchmal werden Wünsche wahr!
Frohe Weihnachten!