Rennberichte

Erneut Rang 2 beim Desert Dash über 400 Km!

Erneut war es heute der zweite Rang, auf welchem ich morgens um 6.15 Uhr kurz nach Morgendämmerung den Zielstrich in Swakopmund überquerte! Doch das Gefühl im Vergleich zum Vorjahr war ein ganz anderes. Ärgerte ich mich damals über die knappe Sprintniederlage, so war ich heute mehr als zufrieden mit dem Erreichten! Die Vorzeichen standen nämlich ziemlich schlecht und auch der Rennverlauf deutete bereits früh auf einen grossen Charaktertest!

Vor genau einer Woche erwachte ich mit einer starken Erkältung und verbrachte den kompletten Samstag im Bett. Von da weg war es schliesslich ein Wettlauf gegen die Zeit und die Vorfreude und der Fokus kamen sprichwörtlich abhanden, dabei wären genau diese zwei Komponenten vor einem Rennen über 400 Km entscheidend! Viel Tee und Ruhe waren angesagt und ab Mittwoch fühlte ich mich dann tatsächlich im Stande, beim Rennen Teil zu nehmen.

Wie immer starteten wir dann gestern (Freitagnachmittag) um 14.30 Uhr bei grösster Mittagshitze (37 Grad) aus der Tiefgarage der Grove Mall in Windhoek! Meine Beine drehten sehr gut und trotzdem fühlte sich mein Körper bereits bei der ersten Tempoverschärfung von Drikus Coetzee komisch an. Vor einem Jahr überzog ich wie viele andere am Anfang zu sehr und bezahlte anschliessend mit Magenproblemen dafür. Der Blick auf meine Leistungsdaten bestätigten mein Gefühl und so liess ich es bereits bei der zweiten Tempoverschärfung sein. Coetzee und der Paralympics Olympiasieger Daniel Abraham zogen auf und davon. Dumm nur, dass ich ab da im «Niemandsland» war und so fuhr ich in einem für mich komfortablen Tempo hinauf zum Kupferbergpass. Oben angekommen liess ich meine nächsten Verfolger Kai Pritzen und Rick Steffen zu mir aufschliessen und ab da kämpften wir zu Dritt gegen den unglaublich starken Gegenwind. Unser Rückstand nach vorne wuchs zwar konstant an, doch ich behielt die Hoffnung, dass ich auf der coupierten Strecke von 100 bis 180 Km den Anschluss wieder herstellen könnte, sofern es mir bei sinkender Temperatur und Eintreten der Dunkelheit besser läuft.

Wir harmonierten gut und trotzdem war der Wind zermürbend! Nach 80 Km kam dann endlich der Uispass und während ich normalerweise auf den folgenden Km meine Stärke an den Anstiegen ausspielen konnte, machte mir mein Körper eindeutig klar, dass es heute nichts mit einem Renntag werden würde! Offensichtlich hat mich der Kampf gegen einen Grippevirus und Erkältung zu viel Energie gekostet und da ich Mittlerweilen mit 33 Jahren ein «alter Rennfahrer» bin, akzeptierte ich die Signale und nahm erneut Tempo raus. Nach der Verpflegungsstelle bei 100 Km musste ich auch den Deutschen Steffen ziehen lassen, Pritzen hingegen kämpfte ebenfalls mit den ersten Tücken des Dashes! Ab nun war ich also alleine auf Rang 4 unterwegs, im Wissen, dass ich gegen die zwei Mann an der Spitze unmöglich Zeit gutmachen würde und auch auf Rang 3 immer mehr Zeit einbüsste.

Mein Fokus für den Dash war eigentlich schon seit dem schönen Sieg beim Wines2Whales «gebrochen» und mein Körper von der langen Saison müde und der Geist gezeichnet. Nun befand ich mich bei einbrechender Dunkelheit mit einem rebellierenden Körper alleine irgendwo in der Namibwüste, dazu dieser «verdammte» Gegenwind! Für mich war klar, diesmal wird mich der Dash in die Knie zwingen und bei 180 Km werde ich dem Leiden ein Ende setzen! Immerhin war mein Bauch durch die niedrigere Intensität sehr viel angenehmer und schliesslich erreichte ich an vierter Stelle liegend mit bereits 38 Minuten Rückstand!! den Halfway Point! Hier dürfen wir Solofahrer ja erstmals Support von aussen entgegen nehmen und so warteten mein Schwiegervater und auch meine Frau auf mich. Vera fuhr dieses Jahr im 2er Mixed Team und sie sollte dann nach der Ankunft ihres Partners die zweite Hälfte absolvieren. (Leider kam es bei ihr nicht soweit, da ihr Partner es ebenfalls aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum Checkpoint schaffte)

Neben meinen Betreuern waren unzählige Zuschauer und andere Fahrer am Wasserpunkt, die entweder auf ihren Einsatz warteten oder ihre Fahrer begleiteten. Ich stellte mein Bike an den Tisch und zog mir ein frisches Trikot an. Nach kurzes Diskussion und der Erkenntnis, dass Abraham rund 30 Minuten in der Zone verbrachte und nur vor 2 Min los fuhr sowie Steffen mit 10 Minuten ebenfalls noch in Reichweite lag, musste ich meine Entscheidung, das Handtuch zu werfen doch nochmals überdenken. Am Ende waren es vor allem die Zurufe der vielen Zuschauer, die mich dazu bewogen, es wenigstens bei einer weiteren Etappe zu versuchen. Ich würde ja auch noch beim nächsten Checkpoint nach 260 Km aussteigen können.

Mit der Gewissheit, dass ab nun keine Anstiege mehr kommen und ich somit auch meinen Körper nicht mehr zu sehr fordern und gefährden würde, fuhr ich also tatsächlich weiter. Nach kurzer Zeit tauchte dann ein Licht hinter mir auf und mit Alex Miller kam der erste 2er Teamfahrer angeflogen. Er wurde ja gerade «frisch eingewechselt» und hatte mächtig Zug drauf. Ich setzte mich also in seinen Windschatten und gemeinsam jagten wir durch die Nacht. Abraham hatten wir schliesslich schnell ein und überholt und irgendwann tauchte auch das Licht von Steffen vor uns auf. Nach der Einholung liessen wir Miller ziehen und fortan war ich gemeinsam mit Steffen unterwegs. Eigentlich ist es beim Dash etwas fies, dass man sich an die heranbrausenden Teamfahrer anschliessen kann, doch dies können alle tun und man muss ja auch erst einmal den Anschluss halten können.

Für mich stand es heute aber ausser Frage, dass ich eine weitere Aufholjagt nach vorne betreiben würde und ich war ganz einfach nur froh, dass ich nicht mehr alleine durch die Wüste fahren musste! Beim nächsten Checkpoint wurden uns dann «nur» noch 25 Minuten Rückstand gemeldet und da entfachte mein Kämpferherz doch noch einmal für eine kurze Zeit! Steffen war mein Rhythmus nun zu schnell und so versuchte ich es alleine. Zwar reichte es für die schnellste Abschnittszeit, doch auf der anschliessenden, sehr schnellen Salzstrasse überkamen mich wieder die «mentalen Tücken» des Dashes und so wartete ich auf meinen Begleiter. Das Thema «Aufholjagd» war somit definitiv durch und so fuhren wir gemeinsam bis Goaniekontes, der Mondlandschaft, welche nach 345 km für die folgenden 22 Km die beschwerlichsten des gesamten Rennens darstellen! 22 Km Sand und Wellblech und endlich wieder einmal ein paar kurze Anstiege!

Hier suchte ich bei so manch meiner Siege die Entscheidung und auch diesmal wollte ich eine unangenehme Situation mit einem Sprintfinish oder gar einer Abmachung über die Folgeränge vermeiden. Ausserdem bin ich auch nach all meinen Rennen in der Wüste von Marokko ein richtiger «Sandspezialist» und diese Stärke nutzte ich dann auch für eine Vorentscheidung. Nach der Mondlandschaft musste ich aber noch einmal 30 Km alleine durchziehen und so langsam aber sicher tat mir so ziemlich alles weh, was Schmerzen verursachen kann!

Nach gut 15,5 Std. im Sattel kam dann endlich der erlösende Zielstrich an der Küste in Swakopmund! Der 8te Dash war tatsächlich geschafft! Meine Serie mit 6 Siegen konnte ich zwar nicht fortsetzen, doch wie schon gesagt war ich mit dem heutigen zweiten Rang genauso zufrieden! Ausserdem mag ich meinem Kollegen Drikus Coetzee den Sieg von Herzen gönnen! Er brauchte viele Anläufe und hatte auch einige Male Pech beim Dash! Heute war er ganz klar der Stärkste Fahrer von Allen und zog das Ding von A bis Z alleine durch, diese Leistung und vor allem die Einstellung verdient den grössten  RESPEKT!

Dass ich nicht so leicht das Handtuch werfe, das habe ich ja schon einige Male in meiner Karriere gezeigt und heute kam eine weitere Willensleistung dazu! Mit dem heutigen Rennen werde ich nun auch mein Radsportjahr 2022 offiziell beenden und mein Rad bis nach Weihnachten in die Ecke stellen! Die Pause habe ich mehr als nötig und ich hoffe, dass sich mein Körper in den nächsten Tagen wieder aufrappeln kann! Das heutige Rennen hat vor allem auch wieder einmal aufgezeigt, wie speziell und alles andere als selbstverständlich meine 6 Siege in Folge waren! Ein Rennen über eine solche Distanz muss zuerst einmal gefahren werden und einmal mehr ziehe ich vor jedem Finsiher den Hut!

Ein ganz grosses Dankeschön geht einmal mehr an die Adresse meiner Schwiegereltern, welche mich die ganze Nacht begleitet und mit mir mitgefiebert haben!

So, nun werde ich mir meinen traditionellen Lighthouse Burger rein ziehen, schliesslich muss ich meine 13’000 verbrannten Kalorien ja wieder rein kriegen!