Rennberichte

Ein Lage-, Reise und so vieles mehr Bericht …..

Sonntagslektüre 1.1

Dass der Monat August zumindest resultatmässig nicht die erhoffte Ausbeute brachte, ist bekannt. Doch nach dem Ötztaler hatte ich vorerst keine Zeit, das Ganze zu verarbeiten und so schaffte ich es erst die letzte Woche mit etwas Abstand, mich neu zu sammeln und die nötigen Schlüsse zu ziehen.

Als Einzelfahrer unterwegs zu sein bringt viele Vorteile aber natürlich ist es wie bei Allem und es gibt halt auch gewisse Nachteile. Der „Kleinbetrieb“ <<Konny Looser>> war in letzter Zeit nicht mehr nur ein Rennfahrer der seinem Training nachging, sondern Logistiker, Materialwart, Marketingverantwortlicher und Zukunftsstratege.

Seit ich aus der Lehre kam bestimme ich nun seit über 15 Jahren meinen Tagesablauf und auch praktisch alles andere allein über mich und meinen Weg. Ich hatte in keinem meiner bisherigen Teams viele Vorgaben und seit letztem Jahr wähle ich auch sämtliche Renneinsätze selbst aus. Auch das Training gestalte ich seit vielen Jahren (2014) immer allein und wenn ich ab und zu gearbeitet habe, konnte ich das Pensum auch da selbst bestimmen. Sein eigener Chef zu sein ist zwar toll, doch es erfordert extrem viel Selbstdisziplin. Auch der Antrieb und Motivation müssen von mir allein kommen und meine grösste Stärke & Schwäche sind bekanntlich mein Kopf und der Trainingsfleiss. Seit ich mit 10 Jahren mit dem Radsport angefangen habe, musste mich kein einziges Mal jemand für ein Training motivieren. Es war eher stets das Gegenteil der Fall und manchmal fehlt mir jemand (in der Form eines Trainers), der mein Volumen von aussen betrachtet und analysiert, auch wenn ich es natürlich auch ein wenig plane und aufschreibe.

Ein gutes Beispiel dafür war nun leider mein letzter Einsatz beim Ötztaler. Emotionen sind etwas vom aller Wichtigsten im Sport und ohne sie wären Erfolge oder Misserfolge auch nicht so intensiv. Als Sportler nimmt man meistens das Gefühl des letzten Einsatzes mit in den nächsten Wettkampf und genau deswegen gibt es ja oftmals sogenannte Höhenflüge oder Seriensieger. Ich erlebe das auch ab und zu und nach einem Sieg oder erfolgreichen Wettkampf steigt das Selbstvertrauen und man geht mental gestärkt ganz anders ins nächste Rennen als nach einem Misserfolg. Läuft es dann erneut gut, so dreht sich die Spirale immer weiter nach oben….  doch eben, es kann natürlich genauso in die Gegenrichtung drehen!

Obwohl ich nach der Salzkammergut Trophy erschöpft war, drückte ich noch die Gravel-Tour nach Nizza obendrauf. Eine solche Urlaubsrunde sollte eigentlich auch einmal während einer Saison Platz haben, doch rückblickend hätte es den Rothaus Giro dann nicht auch noch gebraucht oder eben umgekehrt. Keine Tour, dafür den Giro….
Danach folgte der emotionale Tiefpunkt beim Swiss Epic. Die sportliche Enttäuschung und daraus fehlenden Emotionen «zogen nach unten». Die Bestätigung der Form fehlte und das Selbstvertrauen sank.

Vor all meinen Siegen bei langen Rennen wie zB. der Salzkammergut Trophy fahre ich jeweils ein paar Tage davor noch meine sechsstündige Lieblingsrunde gespickt mit 4’000 Hm. Jedes Mal hole ich mir dabei das Selbstvertrauen, die Gewissheit & Bestätigung, dass es mein Körper draufhat. Denn wenn es im Training so lange gut läuft, dann kann bei 10 Std inkl. Rennverpflegung gar nichts schief gehen! Auch wenn es vlt. trainingstechnisch und nach neuster Trainingslehre suboptimal ist, so ist es für mein Kopf immens wichtig und so funktioniere ich ganz einfach am besten!

Nach dem Swiss Epic kehrte ich einerseits mit einer grossen Enttäuschung & vor allem sehr viel Frust nach Hause, das Schlimmste war allerdings die fehlende Bestätigung und abhanden gekommene Selbstvertrauen. Ich hatte das Gefühl, in der gesamten Woche «nur trainiert» zu haben und vergass dabei die Gesamtbelastung. Man muss ein Swiss Epic auch ohne Vollgas ja trotzdem absolvieren. Daneben fuhr ich ja auch noch ständig das Auto (Flims-Arosa & retour) und putzte die Bikes von mir, Vera & Kim.

In Sölden angekommen freute ich mich zwar riesig auf den Ötztaler, konnte das Rennen allerdings nicht richtig einschätzen. Es herrschte das beste Wetter und ich suchte nach der Bestätigung in den Tagen davor. Das eine lange Training war zwar schön und der Tag in den Bergen perfekt, doch rückblickend absolut Fehlanzeige! Diesmal hätte es keine 6 Stunden gebraucht und weder den erhofften Kick brachte es den unerwünschten Knick!

Ein weiteres Problem in jener Phase war, dass ich zwischen all den Rennen nie zur Ruhe kam und dies war auch die Woche nach dem Ötztaler noch der Fall. Durch die wenigen Tage zu Hause in diesem Jahr bleiben leider oftmals die sozialen Kontakte auf der Strecke und diesen wollen wir dann so gut es geht nachgehen. Dazu kam die ganze Belastung mit der Zukunftsplanung. Das Jahr ist zwar noch lange, doch die Planung für nächstes Jahr läuft bereits auf Hochtouren, da viele Firmen ihre Sponsorenbudgets in der jetzigen Zeit festlegen. Da wir nur 5 Tage zu Hause (Schweiz) waren und es wohl auch nur noch 5 Tage in diesem Jahr sein werden, war das Programm dementsprechend dicht.

Auch die Materialpflege von uns erledige ich seit jeher selbst und ohne Mechaniker (ich hatte in meiner gesamten Karriere noch nie einen mechanischen Defekt am Rad) und auch dies braucht seine Zeit. Die Rennräder bereitete ich bereits für den Winterschlaf vor, da sie bis nächstes Jahr zu Hause bleiben. Mein zweites Rennrad und vieles mehr ist nun bereits gepackt für die Zeit in Afrika. Dazu hiess es für die bevorstehenden 6 Wochen Spanien packen, inkl. einem 5-tägigen Abstecher nach Dänemark zur WM. Ersatzteile, Rennverpflegung usw… … und dann ist ja noch die Frage wo wir wann für wie lange wohnen wollen?! AirBnB Buchungen, Flugbuchungen, Mietautoreservationen und vieles mehr….. Dazu versuchte ich auch noch, meinen Verpflichtungen als Teammanager des Nachwuchsteam «Team Gadola RV Wetzikon» nachzugehen. Und ja, trainieren und erholen müsste man ja auch noch …..

Am Montag reisten wir also aus Sölden zurück und am Samstag ging die Reise weiter nach Frankreich. Eigentlich war unser Ziel einmal Girona, da es uns dort im Frühjahr so gut gefallen hatte. Da ich bereits einige Male am berühmten Mont Ventoux vorbeigefahren bin (mit dem Auto), wollte ich unbedingt einmal einen Abstecher dorthin machen und ausserdem ist die Fahrt mit 7 Std. dann auch etwas kürzer. So weilten wir die ersten 4 Nächte am vergangenen Wochenende am Fusse des in Rennradkreisen so berühmten Berges. Wie gross der Mythos tatsächlich ist, erlebte ich bei meinen 3 Trainingstagen, an welchen ich den Mont Ventoux von sämtlichen Seiten hinaufgefahren bin. So viele Radfahrer habe ich noch an keinem anderen Berg gesehen, Wahnsinn!

Während den drei Tagen am Mont Ventoux konnte ich mich dann endlich wieder einmal hauptsächlich aufs Training und die Erholung fokussieren. Einzig der Plan bis Ende des Jahres und auch unserer Zeit in Spanien mussten wir noch endgültig festlegen. Statt Girona liessen wir uns dann für drei weitere Nächte am Fusse der Pyrenäen, praktisch eine Bergkette vor Girona nieder. Auf der einen Seite wurde Französisch und auf der Rückseite des Bergmassives bereits Spanisch gesprochen! Nach zwei tollen Trainingstagen reisten wir am heutigen Ruhetag weiter an die Küste zwischen Lloret de Mar und Barcelona. Nun liegen noch die zwei letzten Trainingstage vor uns, ehe wir am Dienstag von Barcelona nach Hamburg und von da mit dem Auto nach Dänemark zur WM reisen.

Wie ihr sehen könnt, habe ich wieder sehr viel neue unbekannte Trainingsstrecken und Gebiete kennen gelernt. Doch auch wenn es vlt. nach viel Reiserei klingt, so sind meine Motivation und das gute Gefühl im Training dadurch wieder extrem gestiegen. Rein körperlich bin ich der Überzeugung, dass ein gesunder Körper das gesamte Jahr sehr viel aushalten kann. Es braucht einfach extrem viel Disziplin, damit man auch in der Erholung (tägliches Stretchen, Yoga, richtige Ernährung usw.) vollen Einsatz gibt. Bei den meisten Sportlern liegt es am Ende an der mentalen Belastbarkeit und genau deswegen habe ich mir für dieses Jahr sehr viele neue Rennen und Trainingsgebiete herausgesucht. Vor mir liegen nun noch einige Rennen in Spanien, auf welche ich mich nicht nur extrem freue, von denen ich mir auch resultatmässig sehr viel erhoffe. Das nun eingelegte «Trainingslager» soll mir dazu nochmals den nötigen Schub geben. Die WM selbst ist zwar klar ein sportliches Highlight, doch wie ich dazu stehe und was ich mir dabei erhoffe, erfährt ihr in meinem nächsten Blog!

Ich habe mir nun also einige Gedanken gemacht, mich gesammelt und neu aufgebaut. Ich bin mir sicher, dass mir der Fokus auf einen guten Trainingsblock aktuell mehr gebracht hat, als noch ein Rennen vor der WM reinzudrücken. Mit der Sea Otter Europe in Girona, dem Catalunya Bike Race und dem Titan Desert Almeria stehen ja noch genügend Renntage unmittelbar bevor und die gefühlte Nullnummer August geht hftl. bald vergessen! Dass ich mit der O-Tour ein weiteres Schweizer Rennen ausgelassen habe, ist nun halt einfach Tatsache und auch das Iron Bike in Einsiedeln werde ich dieses Jahr nicht bestreiten. Einerseits liegt es ganz einfach an der fehlenden Motivation, nach 10 und noch mehr Teilnahmen immer wieder dasselbe Rennen zu fahren. (Das ist übrigens völlig normal, der Durchschnittsschweizer wechselt nämlich alle 7 Jahre den Job und da bin ich mit 12 Jahren als Profi schön über dem Schnitt!!) Andrerseits liegt es teilweise ehrlich gesagt auch an der Wertschätzung gegenüber Profifahrern in der Schweiz. (Darauf gehe ich an dieser Stelle aber nicht weiter und genauer ein).

Obschon die Saison nun doch schon sehr lange dauert, so fühlt es sich durch die vielen Abwechslungen gar nicht so an und ich freue mich auf alles, was noch kommt. Das einzig Mühsame ist manchmal der Toilettengang in der Nacht, denn oftmals muss ich zuerst überlegen, in welche Richtung ich nach dem Aufstehen in der aktuellen Wohnung gehen muss…….

Vorbericht zur WM folgt, Stay tuned!