Rennberichte

Ötztaler… um eine Erfahrung reicher!

Ötzaler, long story short, haha…..

Wauw wauw wauw, mir fehlen beinahe die Worte für den erlebten Tag im Sattel! Zwar bin ich wohl um 5 Jahre gealtert und meine Beine schmerzen aber die «Cocktail-Gefühlsstimmungs-Mischung», die mir der heutige Ötztaler bescherte ist kaum zu beschreiben! Eine weitere Grenzerfahrung in meiner Karriere, die ich wohl so schnell nicht mehr vergessen werde! Mein Ziel, den angestrebten Top-10 Platz zu erreichen habe ich zwar klar verfehlt aber momentan überwiegt die Genugtuung, bis zum Zielstrich alles gegeben zu haben! Es ist lange her, dass ich so viele verschiedene Schmerzen über mich ergehen lassen und dermassen gelitten habe wie heute aber es war es einfach wert!

Um 6.30 Uhr stand ich neben meiner Frau und gemeinsam mit beinahe 4’000 Radsportverrückten «Selbstquäler» am Start in Sölden. Die Zuschauerkulisse, das Dröhnen aus dem Mikrofon, der Respekt in den Gesichtern der Fahrer, der startende Hubschrauber für 15 Stunden Livebilder und schliesslich der ballernde Startschuss, Gänsehaut der Superlative!

Die ersten 30 Km führten leicht bergrunter bis zur Ortschaft Oetz und meine Angst, dass es viele Stürze geben würde war total unbegründet. Jeder wusste oder konnte in etwa einschätzen, wo er hingehörte und so rollten wir wie eine Büffelherde das Tal hinunter. Ich versuchte mich auf der linken Seite schnell in die vordersten Positionen zu begeben und als ich schliesslich dort ankam, traf ich wieder auf meine Frau. Wie man sich im Feld bewegt, davon muss ich wohl noch Einiges von ihr lernen, denn sie schlängelte sich gekonnt durch die Mitte durch!

Am Ende war ich trotzdem sehr froh, dass ich ohne Sturz bis nach Oetz kam und es die ersten 1’000 Hm hinauf ins Kühtai ging. Ich fühlte mich gut und fuhr stets in den vordersten Positionen mit. Da ich mir diesen Abschnitt am Donnerstag noch angeschaut hatte wusste ich auch, wie schnell die Abfahrt würde und so fuhr ich an der Spitze über den ersten Berg. Die Abfahrt gleicht ab und zu dem freien Fall (Max Geschwindigkeit, 110,2 km/h!!) und man muss bis zum Ende beinahe nie treten, so steil ist es. Durch eine Baustelle und einer Umleitung unmittelbar vor dem Ende der Abfahrt wurde die Originalstrecke mit ein paar Extrahöhenmeter erweitert und da schlich sich ein Fahrer vom Feld davon. Ich getraute mich nicht hinterher zu fahren, denn alle gaben mir den Rat, dass ich mich bis Sterzing (Brennerpass) so gut es geht im Feld verstecken und meine Kräfte schonen sollte. Dies nahm ich mir zu Herzen und so rollte ich ab nun einfach mit.

Das Tempo war zwar bis und durch Innsbruck noch einigermassen ok, doch danach fiel es komplett zusammen. Die Steigung war nicht sonderlich steil und so wollte einfach keiner seine Nase in den Wind stecken und da alles Einzelfahrer waren, gab es halt auch keine Kontrolle oder Verantwortung eines Teams. Anders wie in den Vorjahren (so wurde es mir gesagt), war die Spitzengruppe mit über 50 Fahrern noch enorm gross (und füllte sich anschliessend auch noch weiter auf), denn normalerweise setzt sich bereits im Kühtai eine kleine Gruppe ab und harmoniert dann gut über den Brenner. Dies war heute leider nicht der Fall und rückblickend ärgere ich mich, dass ich es nicht auch noch versucht hatte. Anders als in den Vorjahren war aber heute wohl auch die Leistungsdichte und Anzahl Favoriten wesentlich höher und offensichtlich hatten einfach alle zu viel Respekt voreinander. Am Ende kamen wir mit über 11 Minuten Rückstand zum Fusse des Jaufenpasses. Die 1’000 Höhenmeter waren dann steiler als der Brenner davor und bereits vom ersten Meter des Anstieges wurden die Karten auf den Tisch gelegt.

Die Spitzengruppe explodierte zwar rasch, doch ich war ganz ehrlich gesagt auch überrascht, wie viele Fahrer doch noch dabeibleiben konnten. Bei mir sah es dann plötzlich nicht mehr so gut aus. Mein Rücken tat weh und die linke Seite des äusseren Gesässmuskels wurde taub und ich brachte nicht mehr die volle Kraft in die Beine. Am Ende musste ich mich schliesslich nach gut der Hälfte des Anstieges ebenfalls von der Spitzengruppe verabschieden, das Tempo war ganz einfach zu hoch. Das Dumme war nun, dass ich zu lange «geklemmt» und im «Roten» fuhr und dabei beinahe explodierte. Leider brachte die folgende Abfahrt bis nach St. Leonhard in Passeier auch keine Verbesserung. Ich musste nämlich gehörig investieren, dass ich den Anschluss an die vor mir liegende Gruppe wieder herstellen konnte und durch das viele Unterlenker fahren (was ich mir nicht gewohnt bin, da ich das praktisch nie praktiziere) verklemmte es mir auch noch den Schulter-Nackenbereich. Schmerzen total nennt man das!

Ihr könnt mir glauben, es gibt schönere Aussichten, als mit bereits 180 Km und 3’500 Höhenmeter in den Beinen nach der Abfahrt direkt in den nächsten Anstieg mit 29 Km Länge & 1’800 Hm am Stück zu fahren! Der Wellnessgang und die Massage lagen noch in weiter Ferne und so versuchte ich mich mental wieder aufzubauen. Obschon die Motivation gross war, das Feedback in den Beinen war ein anderes und der Motor noch immer im roten Bereich. Mir waren die Hände gebunden und ich musste meine vier Begleiter ziehen lassen und mein eigenes Tempo fahren in der Hoffnung, dass ich mich wieder fangen würde! Leider dauerte dies etwas zu lange und erst nach einem kurzen Flachstück in der Hälfte des Anstieges lief es dann im oberen Teil wieder besser.

Nach der finalen Abfahrt überquerte ich am Ende nach 7,31 Stunden unter einer unglaublichen Zuschauerkulisse den Zielstrich und ihr könnt mir glauben, meine Beine waren mehr kaputt als bei der diesjährigen Salzkammergut Trophy, obwohl ich 2 Stunden weniger im Sattel sass! Die Belastung auf dem Rennrad, das Momentum für die Beine und auch die Art, wie Rennen gefahren wird ist einfach eine komplett andere und obschon ich früher auch schon einige kleine Rundfahrten auf der Strasse gefahren bin, so kam ich mir diesmal vor wie ein Lehrling. Dass ich heute vlt. doch nicht die nötige Frische für eine Spitzenplatzierung hatte liegt wohl auch daran, dass ich in den letzten paar Monaten und vor allem in letzter Zeit einfach ein wenig zu viel von mir verlangt und momentan nicht mehr die Juni / Juli Form habe! Ich bin aber auch überzeugt, dass ich bei einem konstanteren Tempo besser durchgekommen wäre und mich diese eine Belastungsspitze am Jaufen „gekillt“ hat.

Eines steht aber fest, auf nächstes Jahr werde ich 2 Lehrjahre überspringen und mich direkt an die Lehrabschlussprüfung wagen, dazugelernt habe ich heute nämlich so Einiges und es war einfach mal wieder ein richtig geiler Renntag, an welchem ich gerne noch einmal dabei wäre!

Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinem Hauptsponsor ETL-GDS um Uwe Diekmann für diese Möglichkeit bedanken! Die persönliche Betreuung an der Strecke und das gemeinsame Einfahren rundeten eine tolle Woche in Sölden ab!

Für uns geht es nun Morgen Montag nach Hause und da steht diese Woche vor allem die Erholung im Vordergrund. Allzu viel Zeit bleibt aber auch diesmal nicht, denn am nächsten Samstag geht es für uns weiter via Frankreich nach Spanien, von wo wir dann Mitte September zur Marathon WM in Dänemark reisen. Es stehen coole Wochen vor uns, doch bis zur WM werde ich nun keine weiteren Rennen bestreiten und mich voll und ganz dem Training widmen.

Ein paar Berichte von unserer Reise wird es aber trotzdem geben!

Stay tuned!