Da steht er nun also, der 9te Rang beim Hero Dolomites! Der angestrebte Top10 Platz bei diesem „Teufelsrennen“ über nur 85 Km mit unglaublichen 4‘500 Höhenmeter konnte ich damit erreichen! Doch obschon es eine sehr gute Leistung war, reiste ich mit einer leichten Enttäuschung, was zumindest das Resultat angeht, aus den Dolomiten ab. Insgeheim hatte ich mir nämlich etwas mehr erhofft und wenn ich das Rennen so analysiere, dann wäre vlt. auch mehr dring gelegen. Am Ende lag‘s wohl vor allem am Selbstvertrauen und meiner aktuellen Gefühlslage, dass ich im Entscheidenden Moment nicht zusetzen konnte!
Nach der voluminösen Vorwoche, in der ich fast 30 Std und knapp 20‘000 Hm auf dem Rad sass, riss ich die letzten Tage keine allzu grossen Bäume mehr aus und so reiste ich am Freitagvormittag mit einem sehr guten Gefühl von Kanzenei nach Wolkenstein. Mein Wohnmobil passte noch gerade so zwischen die bereits unzählig angereisten „Hero“ Teilnehmer auf einen der letzten freien Parkplätze. Ich fand es extrem eindrücklich zu erleben, wie sehr ein ganzes Dorf oder sogar eine Region hinter diesem Anlass steht. Bei jedem Hotel sind die Mountainbiker herzlich willkommen und vom Donnerstag bis Sonntag gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Messe und Attraktionen. Der Hero ist ein regelrechter Mythos und irgendwie fand ich es cool, das Ganze doch noch einmal zu erleben.
Am Samstag fiel dann um 7.20 Uhr unter einer unglaublichen Zuschauerkulisse und einer Top – Besetzung der Startschuss! Zeit zum Einrollen gab es keine, denn die Strecke führte direkt die ersten 700 Hm hinauf auf den ersten Gipfel und bereits da gab es ein paar ziemlich steile Passagen. Meine Beine drehten unglaublich leichtfüssig und ich war überrascht, wie gut ich ins Rennen fand. Die beiden Kolumbianischen Favoriten Paez & Arias Cuervo diktierten von Beginn weg das Tempo und nach den ersten ca. 200 Hm verschärften sie so, dass keiner folgen konnte oder es eben auch gar nicht erst versuchten, da die Zwei sowieso in einer ganz anderen Liga fuhren. In der Hälfte des Anstieges war es dann einzig Porro, der sich auf die alleinige Verfolgung machte und ich reihte mich dahinter in der Verfolgergruppe ein. Erst im obersten Teil, praktisch als wir die 2‘000 M. ü. M. Marke passierten, bekam ich etwas Mühe. 9 Tage Vorbereitung reichen leider noch immer nicht ganz aus, um sich an die Höhe anzupassen, doch ich kam schon wesentlich besser zurecht als auch schon!
Den ersten Teil der Abfahrt bewältigten wir dann auf der Schotterstrasse neben einem schönen, neu angelegten Flowtrail!!!, in der die Kurven wie Kugellager zu befahren waren. Erst nach der Überquerung der Gardena Passstrasse wechselten auch wir in den Trail. Unten angekommen ging’s dann kurz durch die Verpflegung, ehe auch gleich der zweite Anstieg folgte. Dieser war dann eher unrhythmisch, denn die teilweise sehr steilen Passagen wechselten sich mit „humaneren“ Abschnitten ab. Noch immer schienen alle grossen Respekt vor der verbleibenden Distanz zu haben und in der nächsten Abfahrt füllte sich unsere Gruppe sogar weiter auf. (Wie ich nach dem Rennen erfahren habe und es sogar auf Strava ersichtlich ist, hatten einige Fahrer in der ersten Abfahrt die „Kugellager Kurven“ ausgelassen und sozusagen abgekürzt). Dies passt zu diesen Rennen in Italien und den entsprechenden Fahrern und ist genau mit der Grund, auf den ich später noch zu sprechen komme oder vlt. auch besser gar nicht näher darauf eingehe…..
Der zweite Teil der Abfahrt war dann ziemlich ruppig und damit ich nicht unnötiges Risiko eingehen musste, fuhr ich die Abfahrt von der Spitze der Gruppe aus. Nach Rennhälfte kam ich somit als Vierter aus der Abfahrt nach Arabba und mit mir weitere 10 Fahrer! Nach einem kurzen Gegenanstieg ging es noch einmal weiter runter ins Tal und da stand plötzlich Porro neben der Strecke. Somit waren nur noch die beiden Kolumbier vorne weg! Es fühlte sich inzwischen an, als hätte jemand den Pizzaofen geöffnet und vor uns lag nun der härteste Abschnitt des Tages hinauf zum Sourasass! Die steilsten Abschnitte sind bis zu 30 % steil und während 2.5 Km geht es im Schnitt rund 19,6 % bergauf! Das erste Mal in meiner Karriere fuhr ich ein Rennen mit einem 32er Kettenblatt und obwohl ich solche Strecken überhaupt nicht mag, konnte ich mich noch immer in der Gruppe halten. Ausser der Italiener Mensi fuhr schon unten am Anstieg davon, blieb allerdings stets in Sichtweite! Als Dachdecker hat der Begriff „je steiler desto geiler“ eine wesentlich andere Bedeutung und beim Blick in die Gesichter meiner Begleiter war klar, dass ich mit meinen Fragen über eine solchen Abschnitt nicht alleine war…..
Nach dem steilsten Abschnitt erreichten wir dann die 2‘000er Höhenlagen und da tat ich mich wieder schwer und hatte vor allem Bedenken, dass meine Kräfte bis am Ende reichen würden, wenn ich weiter dem Tempo von Tronconi, Huber, Claes, Longo, Samparisi & Kaufmann folgen würde. In jener Phase des Rennens kämpfte ich vor allem mit mir selber und es kam einige negative Energie hoch. Am Ende entschied ich mich, meinen eigenen Rhythmus zu fahren in der Hoffnung, dass ich mit einem starken Finale nochmals den ein oder anderen einholen würde oder bereits in der Abfahrt nochmals aufschliessen würde. Der Abstand auf dem Gipfel lag dann bei einer knappen Minute.
Nach einer relativ kurzen aber sehr schnellen Abfahrt folgte jedoch noch einmal ein Gegenanstieg auf der asphaltierten Passstrasse hinauf zum Pordoi. Da kam plötzlich Kerschbaumer angebraust und für eine kurze Zeit konnte ich bei ihm bleiben. Am Ende reichte es aber auch für sein Hinterrad nicht ganz bis zum Gipfel und ich war froh, als endlich die Abfahrt kam. In der Hälfte überholte ich Samparisi, der sich mit seiner aggressiven Fahrweise selber ausschaltete und kurz vor dem Talboden war ich auch wieder an Kerschbaumer vorbei, da er einmal einen Abdreh verpasste. Es standen nun die letzten 90 Rennminuten vor mir und diese passten mir dann von der Strecke her wesentlich besser als das Ganze zuvor. Einzig der Einstieg in den letzten langen Anstieg war nochmals richtig schwer und steil. Leider musste ich Kerschbaumer erneut ziehen lassen und es trat das ein, was ich eigentlich vermeiden wollte, ich war fortan im „Niemandsland“.
Vor mir war weit und breit niemand mehr zu sehen und dasselbe war auch hinter mir der Fall. Alleine kämpfte ich mich die steilen Anstiege hinauf und gegen den inneren Schweinehund, die Hitze drückte unermüdlich und der Schweiss brannte in meinen Augen. Es sind genau diese Rennsituationen, die ich bei solch selektiven Strecken hasse und mir die komplette Freude nehmen. Erst im allerletzten Abschnitt des Duronpasses sah ich dann endlich zwei Fahrer weit vor mir und ich konnte mich wieder aufbauen. Nach einer erneut sehr rasanten Abfahrt auf Kiesstrasse folgte der letzte, mit 300 Hm relativ kurze Anstieg des Tages und da schaffte ich es tatsächlich, nochmals zum Italiener Mensi aufzuschliessen. Die verbleibenden 10 Km waren zum Glück sehr schnell und die allerletzte Welle nutzte ich dann, um mich noch etwas abzusetzen und so erreichte ich das Ziel nach 4.50 Rennstunden auf dem 9ten Schlussrang.
Dass mit einem starken Finale noch Einiges möglich gewesen wäre, zeigte Kerschbaumer eindrücklich. Er fuhr noch bis auf den 3ten Rang vor. Dass mir am Ende das gewünschte Finale nicht gelang war schon etwas schade doch auf der anderen Seite hatte ich meine Kräfte doch sehr gut eingeteilt und über die Gesamtdistanz hätte ich nicht schneller fahren können. Es gibt wohl nicht viele Rennen, bei denen das Endresultat dermassen ehrlich ist, denn viel zu taktieren oder Windschattenfahren gibt es sowie nicht. Hätte ich am Sourasass überdreht, dann wäre es mir vermutlich wie Mensi ergangen und wäre ich am Anfang langsamer gestartet, dann hätte ich den Kontakt zur Gruppe gar nicht mehr hergestellt, da ich nicht einfach gerade die Wiese hinunter fahre, obwohl die Strecke über die kurvenreiche Schotterstrasse führen würde…….
Für mich war es das erste Marathonrennen seit Marokko und auch das erste grosse internationale Kräftemessen gegen einige der weltbesten Fahrer seit Langem. Das Wichtigste neben dem Resultat ist für mich vor allem die Tatsache, dass ich mich nach einem Tief wieder aufgebaut und den Tritt und die Form gefunden habe. Ich freue mich schon jetzt auf das Rennen in Singen in einer Woche, denn da kommt mir die Strecke wieder sehr viel mehr entgegen und auch für die Schweizer Meisterschaften in zwei Wochen sollte der Fahrplan stimmen!
Nun habe ich den „Hero“ also auch einmal gemeistert und ich nehme neben dem Rennen noch viele weitere Erfahrungen mit, die mir in einigen Grundsatzentscheidungen helfen werden!
Ein ganz herzliches Dankeschön an dieser Stelle noch den Eltern von Andrin Beeli, Fadri Barandun & Benjamin Inauen für die Betreuung und Verpflegung während dem Rennen!
Nach dem Rennen hiess es für mich relativ rasch alles zusammen packen und zurück in die Schweiz, respektive Vaduz (Liechtenstein) zu fahren. Schliesslich schaffte ich es am Ende gerade rechtzeitig, um die erste Etappe der Tour de Suisse der Frauen zu schauen, bei welcher meine Frau in diesem Jahr das erste Mal mitfährt. Der Marathon nach dem Marathon ging also noch bis spät abends weiter und schliesslich fiel ich am Ende todmüde auf dem Abstellparkplatz der TdS ins Bett. Mein Vater kam mit dem Auto nach Vaduz und übernachtete schliesslich auch im Womo. Die Nacht war dann relativ kurz, denn am Sonntagmorgen kamen schon sehr früh die ganzen LKW’s und Buse der ganzen Teams auf den Platz und stellten ihre Lager auf! Das ist schon immer wieder eindrücklich zu sehen, in welcher Liga bei den ProTour Teams gespielt wird! Kein Vergleich zum MTB………
Ich setzte mich dann ebenfalls kurz aufs Rad und schaute mir die Zeitfahrstrecke an, denn anschliessend fuhr ich mit dem Auto hinter meiner Frau bei ihrem Einsatz her. Während mein Vater mit dem Womo zurück nach Hause reiste, werde ich nun die TdS als Betreuer bei meiner Frau’s Team begleiten und bis Dienstag mit dabei sein.