Rennberichte

Zermürbender Tag in der Wüste!

Was für eine schreckliche Etappe! Statt mit einem komfortablen Vorsprung und dem Leadertrikot in der Tasche kam ich heute mit blanken Nerven ins Ziel! Eigentlich habe ich auch keine Nerven mehr um einen Bericht zu schreiben aber ich bin es euch schuldig!

Die Nacht auf dem Teppich hatte ich zum Glück relativ gut überstanden und auch die Beine drehten beim Einfahren ganz anständig. Leider wurde die heutige Etappe aufgrund der herrschenden Bedingungen angepasst und die einzigen zwei Anstiege gestrichen. Da wäre ja die Zeit gemessen und addiert worden und für den Sieger gutgeschrieben, doch somit blieb diese Chance aus. Gestern hatten extrem viele hintere Fahrer mit der grossen Hitze zu kämpfen und eine Person erlitt schwere Herzinfarkte und musste mit dem Hubschrauber ins Spital gebracht werden. Da heute die Temperaturen auf 36 Grad kletterten und extremer Wind herrschte, forderten die Medics eine Kürzung auf 106 Km.

Gleich nach dem Start hatten wir die ersten 15 Km Rückenwind und das Startfeuerwerk wurde heute nicht von uns, sondern vom Trek Team gezündet. Ich hatte ziemlich Mühe und musste extrem leiden!

Nach den 15 Km drehten wir 90 Grad ab und statt Wind kamen nun 2 Km Sanddünen. In diesem Gebiet komme ich extrem gut zurrecht und so übernahm ich die Führung. Die Abstände waren schnell gemacht und zu meiner Freude war das Leadertrikot nach dem Sand weit und breit nicht mehr zu erkennen. Gemeinsam mit 7 weiteren Fahrern bildete ich nun die Spitzengruppe, doch keiner wollte die Nase in den extremen Gegenwind stecken.

Ich wusste, dass ich nun das Rennen hart machen müsste, damit der Leader nicht zurück kommen würde. Neben mir waren noch die beiden Trek, zwei von KH7, Mantecon und ein Cannondale Helfer bei mir. Ich hätte an der Stelle des Leaderteams den Cannondale Helfer zurück gezogen um dem Leader zu helfen, doch offenbar fuhr dieser als „Polizist“ bei uns mit.

Als wir dann endlich den ersten Wasserpunkt erreichten, drehten wir erneut die Richtung und zum Glück herrschte nun mehrheitlich Rücken, manchmal auch Seitenwind.

Unser Vorsprung konnten wir dank der Hilfe von Trek auf mehrere Minuten ausbauen und ich trug somit virtuel das Leadertrikot. Zeit zum Entspannen hatte ich Aufgrund der ganzen Steine und Angst vor einem Defekt aber leider nie.

Nach ca 60 Km kam dann rückblickend die Schlüsselstelle des Tages. Die Strecke machte praktisch ein U und in der Mitte davon waren kleine Dünen. Unsere Gruppe fuhr das ganze U aus und blieb auf dem vorgegebenen Track und somit legten wir den kompletten Umweg zurück. Ich sah den Shortcut, doch getraute mich nicht alleine los zu fahren. Kurz danach waren dann tatsächlich nicht nur der Leader, sondern noch drei weitere Fahrer wieder bei uns!

Mental hatte ich nun extrem zu kämpfen und nicht nur dass, es attackierten auch noch gleichzeitig 3 Fahrer aus der Gruppe. Alle drei spielten in der Gesamtwertung keine Rolle und einmal mehr schauten alle anderen nur mich an.

Offenbar waren alle von der Hitze, dem Wind und vor allem auch „mental“ gebacken und nach einer kurzen 10 Minütigen Ruhephase wurde das Tempo wieder hochgeschraubt.

Vor uns lag der letzte Wasserpunkt und danach drehten wir nochmals 90 Grad ab und während die vorgegebene Strecke auf den verbleibenden 15 Km noch zwei Schlenker machte, konnte man einen direkten Shortcut nehmen.

Alle stoppten und füllten ihre Flaschen auf, ehe wir auf der Strecke weiter fuhren. In der Hitze des Gefechts blieb der Leader eine kurze Zeit stehen, ehe er mit einem seiner Helfer den direkten Weg einschlug. Bis ich es bemerkte war erneut eine ca 300 Meter grosse Lücke und ich fragte noch Trek, wieso sie nicht den Shortcut nehmen. Der Reaktion an waren sie ebenfalls ziemlich verloren und so attackierte ich volle Kanne aus der Gruppe und hetzte dem Leader hinterher.

Bis auf ein Begleiter schaffte es keiner mehr zurück und ich meinerseits schloss die Lücke ebenfalls bewusste nicht ganz. So wurde es nämlich ein Einzelzeitfahren und jeder musste seine eigenen Körner liegen lassen! Dazu hatte ich den Navigationsstress nicht mehr!

5 Km vor dem Ziel fuhr dann der Gesamtfünfte zu mir auf und gemeinsam schlossen wir dann doch die Lücke zum Leader. Dieser schien dann am Ende seiner Kräfte und da machte ich rückblickend einen weiteren verherenden Fehler. Als der Gesamtfünte attackierte, liess ich ihn ebenfalls gewähren, denn am Ende brauchte ich heute nur ein paar Sekunden heraus zu fahren und wollte nicht auch noch mehr unnötige Körner verschiessen.

Am Ende musste ich dann doch noch alles von Vorne bis ins Ziel fahren und den Zielsprint misslang diesmal schon vor dem Ziel. Als wir auf gleicher Höhe waren und auf die Zielbogen zustürmten, bog die Strecke auf den letzten Metern nochmals für 50 Meter nach links ab. Da ich auf der rechten Seite anfuhr, hatte ich im Sand keine Chance mehr um etwas auszurichten.

Durch unser Geplänkere verloren wir auf den Gesamtfünften tatsächlich noch über 1.5 Minuten. Mein Ziel war eigentlich, die beiden Treks zu distanzieren, damit ich mich nur noch auf einen konzentrieren müsste. Dass der Abstand zum 5ten so gering war, hatte ich irgendwie komplett missachtet!

Das geplante Unterfangen gelang zwar, da wir noch über 4 Minuten auf Trek herausfuhren, doch während ich 2 Sekunden verlor, kam nun ein neuer Dritter bis auf 11 Sekunden heran!

Es bleibt also ultraspannend und vor allem extrem stressvoll!
Das Gute, es verbleiben noch 3 Tage! Jetzt muss ich mir einfach den Druck nehmen und ab jetzt offensiever fahren!

Nachdem ich von diesem Rennen nur begeistert war, kam ich heute erstmals mental an meine Grenzen! Das ewige Katz und Maus spielen, die langweilige Etappe, das Schlafmanko und der ganze mentale Druck macht mir diesmal extrem zu schaffen. Es ist fast unmöglich, das Ganze in Worte zu fassen und den Rennverlauf zu beschreiben!

Morgen steht mit 116 Km eine weiter sehr harte Etappe bevor und mal sehen, wie, wo und was passieren wird!

Schlafen werde ich heute hoffentlich besser, schliesslich haben wir wieder ein eigenes Haima!