Es ist leider nicht einfach, für meine Gefühlslage nach der heutigen Etappe die richtigen Worte zu finden.
Der Versuch, mir heute das Leadertrikot zu schnappen misslang komplett und dafür gibt es viele Gründe. Dass ich weiterhin mit nur 3 Sekunden Rückstand im Rennen um den Gesamtsieg bin, verdanke ich meiner grossen Willensleistung! Leider gehen mir jetzt aber so langsam aber sicher die Km und vor allem Etappen aus!
Heute stand die schwierigste Etappe bevor, denn nach den ersten 4.5 Km mussten wir uns für die nächsten 50 Km selber navigieren, ehe es für die letzten 50 Km wieder eine Strecke gab.
Wie gestern schon geschrieben, konnte ich hier beim letzten Mal meinenen Gesamtsieg festigen. Mein Team tat sein Bestes und erstellte mir eine mögliche Strecke durch das Navigationsgebiet. Am Nachmittag nach der gestrigen Etappe erhielten wir die 4 Koordinaten der zu passierenden Checkpoints und so konnte sich jeder bis heute Morgen eine Strecke zusammen basteln. Dieses Jahr profitiere ich wie alle Top Teams von der Hilfe eines Profis aus Spanien. Die meisten nutzen dabei erfahrene Rally Piloten von Paris-Dakar.
Nach den ersten 4,5 Km folgte der schwierigste Teil und zwar lag der erste Checkpoint irgendwo inmitten der Sanddünen. Am Ende ist es ein bisschen wie Lotto spielen und Glücksache, wie man durch den dicken Sand kommt. Jeder hofft dabei, dass sein Navigator die Dünen richtig eingeschätzt (Google Earth) und den schnellsten Weg kreirt hat. Ich musste heute die eigenen Karten auf den Tisch legen und so fuhr ich meiner Linie auf meinem GPS entlang und versuchte die Dünen richtig zu lesen. Das Leaderteam splitterte sich ebenfalls auf und der Leader folgte mir. Der Gesamtdritte war chancenlos und der Gesamtvierte fuhr eine komplett andere Linie, lag aber in der Gesamtwertung mit 6 Min bereits weit zurück. Ich hoffte, dass ich den Leader abschütteln würde doch leider war das Gegenteil der Fall!
Ich kam heute überhaupt nicht durch den Sand und bis zum Checkpoint verlor ich bereits über 1 Minute! Auf den Schnellsten und somit den Gewinner der 60 Sek. Zeitgutschrift (Skoda Challenge) verlor ich über 4 Minuten!!!
Es kam aber noch schlimmer, denn danach zeigte meine Linie einen Bogen nach rechts und anschliessend nach Norden zum zweiten Checkpunkt!
Weit vor mir sah ich aber, dass der Leader mit einem seiner Helfer mehr nach Links und somit sehr direkt zum Punkt weiter fuhr.
Ich war zu jenem Zeitpunkt alleine unterwegs und entschied mich, von meiner Strecke abzudrehen und den beiden hinterher zu jagen, schliesslich hatten sie bislang immer die beste Navigation. Die Strecke führte aber weiterhin durch den dicken Sand und kleine Dünen und ich kam einfach nicht voran. Irgendwann brach ich meine Aktion verzweifelt ab und bog nach rechts ab, in der Hoffnung, dass die Dünen irgendwann enden würden. Das Rennen hatte ich damit sprichwörtlich aufgegeben und zum Glück wurde der Untergrund dann tatsächlich bald einmal steinig. Nach einer Weile war Schluss mit den Dünen und vor mir tat sich eine ca 10 Km weite Fläche bis zum vorher genannten Checkpoint auf. So konnte ich die Situation erstmals ein wenig überblicken und ja, mein Rückstand betrug rund 3 Minuten auf die nächste vor mir liegende Gruppe!
Nun haderte ich erneut mit meinem inneren Schweinehund. Entweder das Handtuch werfen oder leiden und versuchen, doch nochmals zurück zu kommen. Dank den eigentlich sehr guten Beinen, der Tatsache dass es ja noch weitere Navigationsmöglichkeiten und schlussendlich dem „Looser-Charakter“, nie aufzugeben entschied ich mich für die Quälerei!
Kurz nach dem Checkpoint hatte ich die Lücke zum Leader und seinem Helfer tatsächlich geschlossen und nun ging es 180 Grad zurück in die andere Richtung. Die Situation sah zu jenem Zeitpunkt so aus…. 4.45 Minuten vor uns lagen zwei Spitzenreiter (spielten aber in der Gesamtwertung keine Rolle) und 2 Minuten vor uns lagen 5 weitere Fahrer, darunter der Gesamtvierte.
Es herrschte nun für die nächsten 20 Km brutaler Gegen- und Seitenwind und wenigstens waren wir uns einig, dass wir die Lücke nicht weiter aufgehen lassen dürfen. Gemeinsam fuhren wir zwar bis zum nächsten Checkpoint die 2 Minuten zu, doch dafür mussten wir extrem viel investieren. Das Rennen war nun praktisch „neutraliesiert“, doch ich wusste nicht, wie und wo ich den Leader nun noch distanzieren könnte. Sein Helfer machte wie schon Gestern einen sehr starken Eindruck und die letzten Km waren erneut flach und schnell.
Als wir den zweitletzten Checkpoint erreichten, da hatten wir auf die beiden Spitzenreiter noch immer 4 Minuten Rückstand und da passierte die Überraschung des Tages. Plötzlich tauchte auch der zweite Helfer des Leaders aus dem Nichts auf und schloss zu uns auf. Ich hatte hinter uns bis zu jenem Zeitpunkt weit und breit niemanden gesehen und auf den weiten Flächen sieht man doch relativ weit zurück.
Im Nachinein wusste ich auch, wie das Ganze möglich war. Er liess einen Checkpoint aus und kürzte damit natürlich unzählige Km ab. Dies ist ausser dem Erhalt einer 5 Stündigen!! Zeitstrafe zwar erlaubt, doch für mich eine Taktik, die bei uns Spitzenfahrer nicht gespielt werden sollte. Denn damit konnte sich der zweite Helfer den ganzen Tag „schonen“ und am Ende volle Kanne Tempo fahren. Wie schnell wir unterwegs waren, zeigte am Ende unser Rückstand, denn dieser drückte unsere Gruppe am Ende auf unter 30 Sekunden. Neben den 3 Cannondales waren noch der neue Gesamtdritte und zwei weitere Fahrer bei uns und ausser dass wir schneller ins Ziel kamen, spielte für uns der Rückstand eigentlich keine Rolle.
Mein Problem war, dass ich ab nun praktisch chancenlos war. Alleine gegen 3 Fahrer zu fahren, ist im Flachen ein Ding der Unmöglichkeit. Die einzige Welle vor dem Ziel war zu weit weg und obschon ich bei einer Verzweiflungsattacke eine Lücke reissen konnte, wurde diese wieder von den drei „erstickt“. Am Ende wurde ich ins „Sandwich“ genommen und auch den Sprint um Rang 3 verlor ich erneut gegen den Leader.
Der Etappensieg ging an den früh ausgerissenen Cross Country Crack Mantecon, der sich ebenfalls die Skoda Challenge und somit die Bonifikationen sicherte. Was ich im Ziel erfuhr war, dass er ebenfalls ein Teamkollege hatte, der die komplette Sandparty am Anfang ausliess und nach den Dünen auf ihn wartete, um danach im Gegenwind zu schuften!
Wenn ich rückblickend das Rennen analysiere, dann war mein Fehler, dass ich am Anfang nach den Dünen dem Leader hinterher fuhr. Wäre ich auf meiner Linie geblieben, dann hätte ich vlt zum Gesamtdritten aufschliessen können und der Leader hätte dahinter kapituliert.
Doch in jener Situation war ich bestimmt näher an der Kapitulation als er und selbst wenn ich vorne gewesen wäre, dann hätten sie uns vermutlich wieder eingeholt. Denn wenn ich die Navigation der letzten 20 Km mit dem vergleiche was ich am Ende gefahren bin, dann denke ich nicht, dass wir uns vorne hätten behaupten können.
Mit der heutigen Wahl der Taktik der anderen zwei Teams erhält das Rennen einen ziemlich faden Beigeschmack und ich kann ehrlich gesagt nicht mehr viel damit anfangen. Ich möchte kein schlechter „Verlierer“ sein, aber während ich letztes Jahr trotz der Navigationsmöglichkeiten ein faires Rennen erlebt habe, sieht es diesmal etwas anders aus.
Meine Leistung heute war einmal mehr sehr gut und dafür kann ich stolz sein. Ich bin leider ein sehr ehrlicher Mensch und für diese auf meinen Weg gebrachten Werte bin ich auch sehr dankbar. Ob die angewendeten Taktiken in Ordnung sind, dass muss und soll an dieser Stelle jeder selber entscheiden. Für mich geht in Ordnung, wenn man einen Checkpoint auslässt, denn viele Hobbyfahrer taten heute dasselbe, da sie keine Lust auf den Sand hatten. Dafür gibt es ja auch 5 Std. Strafe, doch meiner Meinung nach sollte man danach nicht mehr ins Rennen eingreiffen dürfen.
Habe ich das letzte Mal mit meiner Naivität und Ungewissheit das Rennen überraschend gewonnen und nur die schönsten und besten Erfahrungen gesammelt, so sieht es nach der heutigen Etappe leider anders aus. Für solche Wettkämpfe mit solchen Spielchen werde ich mich in Zukunft ganz bestimmt nicht mehr motivieren können.
Man muss sich mal das Chaos vorstellen, wenn man dies bei jeder Etappe machen würde. Dann könnte ich in Zukunft 20 Helfer mitnehmen und diese bei über Schlaufen führende Etappen jedes Mal abkürzen und hinter jedem Berg auf mich warten lassen….. dies ist bestimmt nicht im Interesse des Veranstalters und am Ende würde es wieder nur ums Geld (grösste Budget mit den meisten Fahrern)gehen…..
Noch ist das Rennen nicht entschieden und durch das neue Podest und den Abständen gibt es Morgen für mich ausser dem Gesamtsieg nichts mehr zu verlieren. Rang 2 sollte ich in jedem Fall halten können, zum Sieg fehlen weiterhin 3 Sekunden!
Ich werde mit Sicherheit nochmals alles versuchen, doch auch die letzte Etappe ist mehrheitlich flach. Dass die Skoda Challenge auf heute verschoben wurde spielte rückblickend ebenfalls gegen mich, denn so konnte ich die einzigen zwei nennenswerten Anstiege der ganzen Woche nicht ausnützen.
Meine Vorfreude auf das Finale hält sich nach heute in Grenzen und wer weiss was passieren muss, dass das Feuer für dieses Rennen zurückkommen würde…. ich befürchte höchstens eine Änderung des Reglements….