Phu, was für eine nervenaufreibende letzte Etappe! 84 Sekunden betrug unser Rückstand auf Rang 2, bei 28 respektive 52 Sekunden lag unser Vorsprung auf Rang 4 & 5! Damit war klar, dass die letzten 55 Km & 1300 Hm bei der Vuelta Ibiza ziemlich hart umkämpft sein würden!
Obwohl der Start sehr schnell war, konnten wir uns beide ganz vorne behaupten und zu meiner Überraschung war es mein Teamkollege Sören, der nach dem einbiegen in die Schotterstrasse nach 3 Km das Tempo an der Spitze diktierte! Heute war keine Sicht von Anfangsschwierigkeiten zu sehen und auch bei mir drehten die Beine extrem gut! Nach 6 Km folgte der erste steile aber doch eher kurze Anstieg und da waren es die Gesamtvierten, die Druck machten. Nach einer kurzen Abfahrt übernahm dann wieder Sören und just als wir den nächsten Anstieg hinauf fuhren passierte das erste Malheur des Tages! Plötzlich kam uns das Führungsmotorrad entgegen und meinte, wir müssen umdrehen! Da die Spitzengruppe noch mindestens 40 Fahrer umfasste, herrschte grosse Hektik und alle drehten um. Der Abzweiger in einen schmalen Singletrail war nur schlecht zu sehen, doch da wir nur ca. 200 Meter dran vorbei fuhren, war es eigentlich nicht allzu gravierend!
Das Problem war nur, dass wir nun natürlich nicht mehr die Ersten, sondern die Letzten waren und obwohl ich noch versuchte, mich wieder etwas vor zu drücken, war von Sören nach dem Trail weit und breit nichts zu sehen. Unzählige Fahrer fuhren auf und davon und so stellte ich mich kurz an die Strasse und wartete. Leider hatte sich das Motorrad unnötigerweise noch vor Sören in den Trail gedrückt und ist dann bei einer Engstelle gestürzt. Dabei wurde natürlich auch Sören aufgehalten und er verlor wertvolle Zeit. Wir versuchten ruhig zu bleiben und als wir das erste Mal etwas weiter vor uns sahen, betrug unser Rückstand etwas mehr als 1 Minute auf die Spitze!
An den beiden Vortagen wäre ich daran verzweifelt, doch heute hatte ich so gute Beine, dass ich mir sicher war, dass wir wieder zurückkommen würden. 10 Km später hatten wir dann bestimmt 20 Fahrer überholt und stellten den Kontakt zur ca. 8 Fahrer umfassenden Spitzengruppe wieder her. Nach ein paar Km durchschnaufen folgte von Km 35 bis 45 ein ziemlich ruppiger Singletrailabschnitt, welcher uns direkt am Meer entlang an der felsigen Küste führte. Fürs Auge zwar wunderschön, doch dafür hatte ich leider keine Zeit. Erstens musste man sich extrem auf die Linie und die vielen Steine konzentrieren und zweitens konnten wir uns an der Spitze entscheidend absetzen! Einzig drei Solofahrer blieben mit uns dran und so wurden die letzten 10 Km ein Zeitfahren auf Biegen und Brechen. Gesamtrang 3 war gesichert, doch vlt. würde es noch für Rang 2 reichen…. ?
Die letzten zwei Kilometer führten dann zwischen den Häuser und der Promenade entlang und dabei verloren wir irgendwie den Überblick über die Situation. Neben den 3 Solofahrern hatten wir auch noch einen E-Biker aufgegabelt (das ist das Einzige Negative bei diesem Rennen, denn alle Kategorien werden gemischt und gemeinsam gestartet) und unmittelbar vor dem Ziel waren auch die Gesamtzweiten und Leader bei uns dran. Am Ende sprinteten alle um ihre Plätze und es war das reinste Chaos. Leider zum schlechteren Ende für uns und somit resultierte statt der sicher geglaubte Etappensieg nur Rang 2! Was für ein Frust, doch der Ausgang des Rennens widerspiegelte für uns das gesamte Wochenende! Es klemmte einfach an zu vielen Ecken und trotzdem können wir mit dem Gesamtrang 3 sowie dem Gewinn der Shimano-Abschnitt Spezialwertung zufrieden sein.
Nach meiner Coronainfektion und der Vorbereitung ist ein Podestplatz gut für die Moral und es ist motivierend zu sehen, dass es jeden Tag besser ging. Ab jetzt getraue ich mich auch wieder im Training Vollgas zu geben und somit kann ich auch die nötigen Intervalltrainings einbauen! Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei Sören bedanken, denn obwohl es ein charakterbildendes Wochenende war, haben wir das Maximum herausgeholt und bis zum Ende gemeinsam gekämpft!
Auch dem Veranstalter kann ich nur mein grösstes Lob aussprechen! Zwar waren für mich die Etappen fast etwas zu kurz, doch dafür genau nach meinem Geschmack was die Charakteristik angeht! Auch die Stimmung und das gesamte Rahmenprogramm waren genial und die Siegerehrung werde ich so schnell nicht wieder vergessen! Toll auch, dass meine Frau das Rennen mit ihrer Partnerin Irina Lützelschwab gewinnen konnte! Die „Loosers“ haben auch auf Ibiza ihre Spuren hinterlassen, hehe!
Nun werden wir noch bis Mittwoch auf der Insel bleiben, ehe es zurück nach Barcelona geht. Unsere Pläne werden wir allerdings dem Wetter etwas anpassen müssen, doch da wir mit dem Wohnmobil angereist sind, sind wir genügend flexibel, um der Sonne hinterher zu ziehen. Wahrscheinlich geht es statt Girona zuerst einmal Richtung Alicante! Ich werde nun die kommenden zwei Wochen nutzen, um mir den letzten Schliff für das nächste grosse Ziel, die Titelverteidigung beim Titan Desert in Marokko zu holen! Das Selbstvertrauen ist zurückgekehrt und die Motivation sehr gross!