Rennberichte

Leidenschaft Radsport! Gravelrennen auf einem „Stahlesel“ in Girona!

Einer der Hauptgründe, wieso ich so gerne Fahrrad fahre ist die Tatsache, dass man eine Gegend mit eigener Muskelkraft und in einem sehr grossen Radius erkunden kann. Beim Laufen kommt man vlt mal 20 Km, was dann aber schon beachtlich ist und beim Schwimmen gibt es ausser den Kacheln am Boden oder vlt. mal einer Seeschlange auch nicht viel zu sehen (dafür gibt es keine Defekte :D ). In der letzten Woche habe ich rund 1000 Km auf dem Rennrad rund um Girona und im Hinterland von Banyoles zurückgelegt und ein für mich bisher unbekanntes neues Fahrradparadies entdeckt!

Nachdem wir am Mittwochmorgen vor einer Woche von Ibiza zurück nach Barcelona reisten, wollten wir aufgrund des schlechten Wetters zuerst Richtung Süden nach Alicante fahren. Doch irgendwie fühlten wir uns nicht danach, nach dem Flug nochmals 5 Stunden im Auto zu sitzen und so hielten wir an unserem Plan fest, einmal nach Girona zu fahren. Wir wollten vor allem auch der Ursache, wieso rund 180 Lizenzierte Radprofis in dieser Ortschaft leben, auf den Grund gehen!

In Girona selber gibt es leider ausser Wohnmobilstellplätzen keinen anständigen Campingplatz und so reisten wir eine Ortschaft weiter nach Banyoles. Auch diese Ortschaft ist fürs Radfahren bekannt und die 18 Km nach Girona sind ja auch kein Problem. Den Mittwochnachmittag und den kompletten Donnerstag verbrachten wir dann allerdings im Wohnmobil, denn es regnete die ganze Zeit ununterbrochen. Auch mal gut solche Tage, denn dann bleibt einmal Zeit fürs Büro!

Das Wetter war dann zum Glück am Freitag besser und so startete ich mein geplantes „Trainingslager“. Nach dem ersten Abstecher an die Costa Brava ging‘s dann vor allem ins Hinterland und da gibt es unglaublich viele Optionen an kleinen Strassen, auf denen so gut wie keine Autos fahren und man seine Ruhe hat! Eigentlich wollte ich auch noch ein paar Trainings auf dem MTB fahren, doch durch die starken Regenfälle der Vortage waren die Trails matschig und die Wasserlöcher gefüllt. Die Lust auf eine Schlammschlacht blieb leider aus und am ersten „Ruhetag“ am letzten Dienstag musste ich ausserdem extra nach Barcelona fahren und unsere Bikes für Marokko abgeben. Unser Mechaniker fährt mit dem Auto nach Marokko und da  seine Reise etwas länger dauern wird, mussten wir die Räder schon so früh abgeben. Egal, denn nachdem ich die letzten 2 Monate fast ausschliesslich auf dem MTB unterwegs war, bin auch gerne wieder mal auf den schmalen Reifen unterwegs!

Nach all meinen Erkundungsrunden kam ich der Ursache des „Radsportmekkas“ auf den Grund! Die Gegend und der Lifestyle in Girona sind schlicht genial und wir waren bestimmt nicht das letzte Mal hier! Doch nicht nur die Freude über die vielen schönen Runden war gross, meine Form und mein Befinden wurden ebenfalls von Tag zu Tag besser! Nach 20 Jahren Radsport ist es für mich extrem wichtig, dass ich immer wieder in neuen Gegenden trainieren kann. Zwar ist für mich das Zürcher Oberland in allen Belangen noch immer eines der besten Trainingsgebieten überhaupt (es bietet sämtliche vorstellbaren Trainingsoptionen), doch da ich jede Strasse und jeden Trail schon 100 Mal gefahren bin, ist für mich die Abwechslung extrem wichtig. Ausserdem hatte ich bei meinen zwei langen Trainings als ich kurz zu Hause war einen regelrechten „Ablöscher“. Für mein Selbstvertrauen fahre ich vor wichtigen Wettkämpfen immer dieselben Runden und wenn diese gut laufen, dann weiss ich, dass ich auf einem guten Weg bin. Nach dem Cape Epic aus waren es aber auch genau diese Runden, welche mir das schmerzhafte Gefühl gegeben haben, dass ich sie unzählige Male vergebens gefahren bin! Ich habe die Tatsache, dass ich gefühlt 3 Monate für „Nichts“ gearbeitet habe leider noch immer nicht ganz verdaut und dagegen sind die neuen unbekannten Runden im Moment die beste Medizin!

Mein „Trainingslager“ werde ich nun am kommenden Sonntag mit einem Gravelrennen abschliessen. Ich werde beim <<The Traka>> über die 200 Km Distanz an den Start gehen und damit die letzten Km vor dem nächsten grossen Ziel, dem am Sonntag in einer Woche beginnenden Titan Desert in Marokko abspulen. Damit ich auch passend ausgerüstet bin, erhalte ich von meinem Namibischen Kollegen und Ex-Strassenprofi Dan Craven ein Gravel-Bike. Nach seinem Rücktritt gründete der Dreimalige Olympiateilnehmer seine eigene Gravel-Bike Kollektion. Die Stahlrahmen werden im Namibischen Hinterland von Omaruru geschmiedet und werden nur auf Anfrage in limitierter Anzahl hergestellt! Ich bin gespannt, wie sich das Rad so fährt und das Rennen an sich fahre ich sowieso nur als „Training“, denn nach den ganzen Trainingseinheiten ist nicht nur das Rad aus Stahl, meine Beine fühlen sich aktuell in etwa genau gleich an.

Nächste Woche steht dann ganz im Zeichen der Erholung und da das Wetter wieder schlechter wird, sollte mir das Ausruhen auch nicht allzu schwer fallen. Ausserdem werden wir am Montag Richtung Barcelona abreisen, von da geht es dann am Donnerstag weiter nach Marokko! Der Grundstein für den Titan Desert und auch die nächsten Rennen sollte ich nun definitiv gelegt haben und auch mein Selbstvertrauen und die Motivation sind zurück. Das Gefühl, „umsonst“ trainiert zu haben wird in diesem Fall auch bei einem Misserfolg bestimmt nicht so gross sein, denn ich durfte eine unglaublich tolle Gegend kennen lernen und habe jeden abgespulten Km genossen! Ausserdem drängte sich der herkömmliche Trainingsalltag etwas in den Hintergrund. Das Gefühl, sich mit den ganzen Trainingsdaten und Analysen herum zu schlagen entwich der puren Leidenschaft, welche ich auch nach 20 Jahren im Sattel noch immer verspüre!

Die schönste Szene auf dem Campingplatz erlebte ich ausserdem, als zwei Familien mit den Kindern neben uns ihre Zelte aufstellten. Sie waren allesamt mit dem Fahrrad und Gepäck „angestrampelt“ und befanden sich auf einer mehrtägigen Fahrradtour! Genau so hatte ich vor 23 Jahren dank meinen Eltern die Leidenschaft für den Radsport entdeckt. Wir fuhren damals in 4 Tagen um den Bodensee! Davor bin ich im SLRG geschwommen und das zählen der KM machte mir auf Anhieb mehr Spass als das Zählen der Kacheln ……..

Ende der Geschichte :D !