Hassliebe Cape Epic! Meine Geschichte des berüchtigten Cape Epic’s kennen wohl die meisten von euch gut genug! 7 Versuche, 7 Dramen, davon 2 Aufgaben. Ich könnte mehrere Bücher über das bedeutendste Mountainbike Etappenrennen der Welt schreiben. Obwohl mir die Charakteristik des Rennens liegt, blieben für mich die Erfolge bis auf zwei Etappen-Podestplätze bisher aus.
Mein Debut hatte ich 2011, ich war gerade mal 22 Jahre alt und gemeinsam mit dem damaligen Marathon-Dominator Urs Huber zu fahren, war eine unglaubliche Geschichte für mich. Als «noname» fahrend hatte ich allerdings einen schweren Stand gegen die damaligen Cracks wie Näf, Hermida, Sauser, Stander, Platt, Sahm, Käss, Dietsch, Lakata und wie sie alle hiessen und ich musste meinen Platz im Feld auf harte Art und Weise erkämpfen.
Als Rookie feierte ich aber trotzdem bereits auf der ersten Etappe hinter Sauser & Stander den ersten Podestplatz, ein Einstieg nach Mass also! Nach weiteren soliden Tagen kam es allerdings zum grossen Drama, für welches ich in die Geschichtsbücher des Epic’s einging. Auf den dritten Gesamtrang vorstossend erlitt ich auf der 6ten Etappe bei einem Sturz einen Rahmenbruch (wir fuhren auf 29er Prototypen) und musste anschliessend über 20 Km zu Fuss ins Ziel laufen. Es kam noch dicker, denn während ich (das Bike neben mir herschiebend) rannte, stürzte Huber kurz vor dem Ziel so unglücklich, dass er seinen Ellbogen brach und das Rennen am nächsten Tag beenden musste. Ich fuhr die letzten beiden Etappen anschliessend als sogenannter «Outcast» Fahrer alleine fertig.
Es war jedoch nicht die Art des Rennens, sondern vor allem die Umstände auf dem Camp (alles dreckig & staubig) sowie die ersten Eindrücke von Südafrika, welche mich damals extrem beschäftigt hatten! Wir wohnten vor dem Rennen am Fusse des Signal Hills, gleich hinter dem berühmten Stadion von Cape Town beim Sea Point. Die Diskrepanz zwischen Arm und Reich war allgegenwertig und die Ansicht der Town Ships auf dem Weg vom Flughafen in alle Richtungen überforderten mich total! Dazu die riesige Enttäuschung, welche später im Jahr immerhin durch den Transalpgesamtsieg (ebenfalls mit Huber) entschädigt wurde!
2012 stellte ich mich zum zweiten Mal mit Huber an den Start und es sollte die grosse «Revanche» werden. Mit dem damaligen Stöckli-Pro Team hatten wir ein perfektes Setup und auch die Vorbereitungen liefen super. Die erste Etappe war praktisch «copy-paste» aus dem Vorjahr, denn erneut feierten wir hinter Sauser & Stander mit dem zweiten Rang einen fulminanten Start in die Rundfahrt! Die Freude hielt leider nur bis zum 5ten Tag, denn dann erlitt Huber eine Magenverstimmung und das Rennen ums Podest war dahin. Innert den letzten 3 Tagen fielen wir vom Treppchen und wurden bis auf den 11ten Schlussrang durchgereicht!
Das war’s, für mich fand das Cape Epic vorerst keinen Platz mehr und ich wollte nach diesen zwei Enttäuschungen nichts mehr vom Rennen wissen! Das Cape Epic erfordert für uns Schweizer oder sogar generell uns Europäern eine ganz andere Fahrweise, als dass wir sie gewohnt sind. Während bei uns die Rennen vor allem eines, viele Höhenmeter aufweisen, sind sie trotzdem eher einfach zu fahren. Der Untergrund ist meistens gut fahrbar und die Strecken technisch eher einfach, damit sie auch die Hobby-Fahrer gut meistern können. Ein Schweizer «Schotterweg» kann man im Normalfall selbst mit einem Rennrad gut fahren…… In Südafrika sieht das ganze etwas anders aus! Die Strecken sind extrem ruppig, der Untergrund stets lose und staubig und die Anstiege knackig. Es rollt keinen Meter für frei und während die Starterfelder zB. Bei der Transalp nach den ersten Höhenmeter bereits früh auseinandergerissen werden und somit die Rennsituation übersichtlich und ruhig bleibt, herrscht beim Cape Epic «Krieg». Die Anfangsphasen sind extrem hektisch, das Gerangel um die besten Plätze riesig, die Positionskämpfe allgegenwertig und durch den ganzen Staub die Rennsituation unübersichtlich! Stress pur also!
Dazu kommen die unterschiedlichen Anforderungen. Während man bei den Schweizer Rennen mit den vielen Hm praktisch stets einen konstanten Rhythmus fährt, gibt es beim Epic nur Rhythmuswechsel. Auch das Fahren auf der Fläche und dem losen Untergrund erfordert eine ganz andere Fahrweise. Alles Dinge, die man in der Schweiz kaum trainieren kann! Ein ganz grosser Faktor ist ausserdem der Zeitpunkt des Rennens von Ende März! Zu jenem Zeitpunkt fahren wir Schweizer am liebsten noch Ski und können uns auch nicht durch Rennen in Form fahren. Der Aufwand über den Winter ist also enorm und Trainingslager im Ausland unumgänglich! Auf der anderen Seite ist dafür die Motivation auch bei schlechtem Wetter ungebrochen und die Struktur des Trainings über die Wintermonate gegeben!
Das Cape Epic 2013 liess ich entspannt aus und verfolgte das Geschehen aus der Schweiz! Die anschliessende Saison verlief denn auch nicht so gut, da ich auch nicht denselben Aufwand über den Winter betrieben hatte und so merkte ich, dass mir etwas fehlte! Wenn alle anderen das Epic schaffen, dann sollte ich das auch!! Doch damit ich mit dem Epic und den Umständen fertig werde, sollte ich mich vlt. an die Gegebenheiten anpassen und vertraut machen! Dazu wären vlt. ein paar Rennen in Südafrika mit weniger Druck und Erwartungen hilfreich!
Per Zufall ergab sich bei Gesprächen mit einem Südafrikaner während der Transalp 2013 die Möglichkeit, dass ich im Oktober in Südafrika das Cape Pioneer (kleiner Bruder des Epic’s) fahren konnte. Einen Tag nach dem Saisonfinale in der Schweiz (Iron Bike Race) sass ich also tatsächlich im Flugzeug und reiste abermals nach Südafrika! Als Vorbereitung zum Pioneer fuhr ich zuerst zwei 3-Tagesrennen, das erste in Mpumalanga (nördlich von Johannesburg) und das zweite anschliessend in den Drakensbergen (südlich von Joburg). Dazwischen wohnte ich bei einem Fahrer in Pietermaritzburg, ehe ich von da für das Cape Pioneer nach George in den Süden reiste. Die ersten beiden Rennen konnte ich gewinnen und beim Cape Pioneer trug ich ebenfalls nach dem Sieg auf der ersten Etappe lange Zeit das Leadertrikot. Ein Sturz auf der vierten Etappe warf mich allerdings aus der Entscheidung und am Ende resultierte ein dritter Gesamtrang.
Das Resultat war für mich nebensächlich, vielmehr war ich begeistert von den unterschiedlichen Landschaften und den Strecken! Durch den Erfolg machten mir auch die Gegebenheiten beinahe nichts mehr aus und nach meiner Heimkehr war für mich klar, dass ich es nochmals mit dem Cape Epic versuchen werde! Damit ich allerdings noch besser vorbereitet sein würde, reiste ich im Januar 2014 für ein dreiwöchiges Trainingslager nach Stellenbosch. Da hatte ich nicht nur eine super Zeit auf dem Bike, ich lernte nebenbei auch noch meine heutige Frau kennen! Stellenbosch wurde ab da mein zweites Zuhause und aus meinem Trainingslager wurden schliesslich über 2 Monate Aufenthalt!
Für das Cape Epic 2014 fand ich mit Hannes Genze einen extrem erfahrenen Fahrer, der die Vorjahre mit dem Team Merida stets auf dem Podest in der Endabrechnung stand! Frisch verliebt und top vorbereitet war meine Vorfreude natürlich riesig und auf der ersten Etappe verpassten wir im Zielsprint um den Etappensieg nur knapp das Podest. Auf dem vielversprechenden 4ten Gesamtrang kam dann leider am 4ten Tag das vorzeitige Aus. Genze stürzte schwer und musste das Rennen aufgeben ….. für mich erneut ein Faustschlag ins Gesicht! Zwar fuhr ich das Rennen als Outcast zu Ende, doch die Enttäuschung war natürlich riesig!
Trost fand ich einzig damit, dass ich gesehen habe, dass ich fortan mit den Bedingungen zurechtkam und ich mich als Fahrer den Gegebenheiten anpassen und somit kompletter wurde. Ich setzte meine Saison in Europa fort, ehe ich im Oktober zurückkehrte. Die Widergutmachung in Südafrika kam dann im November 2014, als ich an der Seite meines Vorbildes Christoph Sauser das 3-tägige Etappenrennen Wines2Whales gewinnen konnte!
Den Winter verbrachte ich anschliessend durchgehend in Südafrika oder Namibia (der Heimat meiner Frau), ehe ich im März mit meinem damaligen Schweizer Teamkollegen Lucien Besancon beim Epic am Start stand. Eine Magendarm-Erkrankung zwang ihn leider schon nach 3 tagen zur Aufgabe und dies war damals zu viel für mich. Als «gebrochener Mann» stieg ich ebenfalls aus dem Rennen aus, da ich einfach keine Lust mehr hatte, das Rennen alleine und für «nichts» zu Ende zu fahren!
Mund abwischen und weitermachen…. Dies hat mich der Sport in vielen Belangen gelernt und mit dem Sieg in der Gesamtwertung von 2015 der grössten südafrikanischen Marathonserie fand ich erneut Balsam für die Seele!
2016 sollte meine Bilanz beim Epic endlich aufgebessert werden und mit Martin Gujan hatte ich erneut einen vielversprechenden und starken Partner gefunden. Am Ende resultierte ein 14ter Gesamtrang und es sollte die einzige Austragung werden, bei welcher der «Haken» bei mir lag. Die damalige noch ungeklärte Arterienverengung versaute mir die gesamte Vorbereitung und natürlich auch ein besseres Abschneiden. Wenig später konnte ich der Ursache zum Glück auf den Grund gehen und nach einer erfolgreichen Operation um Juni verpasste ich zwar die gesamte Europäische Hauptsaison, doch der zweite Gesamtsieg beim Wines2Whales und viele weitere Erfolge zum Saisonende brachten mich zurück auf die Erfolgspur.
Ich hatte mir über all die Jahre in Südafrika einen festen Namen gemacht und so erhielt ich auch einige Sponsorenangebote. So tat ich mich 2017 mit dem aufstrebenden Südafrikaner Matt Beers zusammen. Für ihn war es das erste Cape Epic und obschon die Erwartungen nicht allzu gross waren, zerbrach Beers an seinen eigenen Vorstellungen. Es war eine unglaublich schwierige Woche für mich, denn wir fuhren komplett abgeschlagen hinterher und erst als sich der Druck auf Matt’s Schultern gelöst hatte, ging es etwas besser. Immerhin konnte ich das Rennen zu Ende fahren und mit dem 8ten Rang auf der Schlussetappe zeigten wir noch ein einziges Mal, was drin gelegen hätte!
Das Cape Epic 2017 war für mich persönlich auch der Abschluss einer unvergesslichen Zeit in Südafrika. Meine Frau hatte ihr Studium beendet und wir fuhren fortan in Europa Rennen und gaben unsere Bleibe in Stellenbosch auf. Mit dem Schweizermeistertitel, dem Gesamtsieg der Marathonserie sowie vielen weiteren Erfolgen sollte es meine erfolgreichste Saison werden.
2018 liess ich das Cape Epic aus und absolvierte die Vorbereitung über den Winter in der Schweiz. Auf der einen Seite war ich für einmal ganz froh darüber, dass ich den ganzen Stress und Druck vom Epic nicht mehr hatte und auf der anderen Seite merkte ich erneut, wie schwer es mir ohne ein richtig grosses Ziel fällt, durch den Winter zu kommen. Meine grösste Schwierigkeit lag vor allem darin, dass ich beim damaligen Team (BiXS Pro Team) keinen Partner hatte und ich mich jedes Mal aufs Neue umschauen musste. Es fehlte ganz einfach eine gewisse Konstanz für dieses Rennen! Meine damaligen Teamkollegen setzten vollends auf die Europäischen Rennen und waren nicht bereit, dieselbe Vorbereitung wie ich zu machen.
Für 2019 fand ich mit Nicola Rohrbach erneut einen Fahrer, der mit einem Gesamtzweit- und dritten Rang in der Vergangenheit seine Ambitionen und Stärken bestätigte! Als Gastfahrer für einen südafrikanischen Sponsor (Silverback) waren die Erwartungen an uns gross und dementsprechend viel investierte ich in die Vorbereitung! Leider verlief diese für uns beide nicht wunschgemäss und so standen die Vorzeichen bereits vor dem Rennen schlecht. Zwei Reifendefekte (bei Nicola) warfen uns bereits auf den ersten zwei Etappen soweit zurück, dass wir keine Chancen mehr hatten, um unsere gesetzten Ziele erreichen zu können. Für mich persönlich brach eine «Welt» zusammen und ich hatte das zweite Mal in meiner Karriere einfach keine Kraft mehr, das Epic unter diesen Umständen durchzustehen! Es war vor allem auch die Tatsache, dass mein Pech nie an mir lag und ich trotzdem immer auch der Leidtragende war!
Auf 2020 wechselte ich bekanntlich nach vielen Jahren in der Schweiz fahrend zum spanischen BUFF-Scott MTB Team und wie es halt manchmal kommt, gehören gewisse Verpflichtungen dazu. Das Cape Epic war für jenes Team eines der Saisonziele und für mich am Ende eine einfache Ausführung meines Job’s. Dass ich am Ende mit einer super Form 24 Stunden vor dem Start im Flugzeug nach Hause sass, habe ich wie alle anderen der Pandemie zu verdanken! Fakt war jedoch, dass sich ein weiteres Mal 3 Monate Vorbereitung und Vorfreude exakt bei diesem Rennen in Luft auflösten!
Die Story 2021 kennt ihr…. durch die anhaltende Pandemie war das Epic von Beginn weg kein Thema, denn keiner wusste, wann und ob das Rennen überhaupt stattfinden würde. Ich entschied mich schon früh im Jahr für meine erste Teilnahme beim Titan Desert in Marokko und durch die Verschiebung des Rennens vom Mai auf Oktober stand am Ende das Epic durch die Überschneidung gar nie zur Diskussion.
Als Einzelfahrer hatte ich in der letzten Saison die Möglichkeit, mich wieder völlig frei nach einem Partner für die Etappenrennen umzuschauen und per Zufall stiess ich da auf Sören Nissen. Der Luxemburger ist seit vielen Jahren als «Einzelfahrer» unterwegs und so kam es, dass wir uns beim 4-Island in Kroatien das erste Mal zusammentaten! Unser Fahrstil und die allgemeine Einstellung passten von Beginn weg sehr gut und der 3te Gesamtrang beim Swiss Epic bestätigte dies auch auf der Resultatliste!
Nach der Tatsache, dass ich meine Karriere auch in diesem Jahr fortsetzen würde und auch den Wünschen meiner Frau, nochmals voll und ganz auf die Karte Sport zu setzen war klar, dass wie die Vorbereitung als «Profifahrer» wieder an der Wärme machen würden. Da sie die Meisterschaften für ihr Heimatland logischerweise in Namibia fahren musste, war es zudem naheliegend, dass wir auch gleich weiter nach Südafrika reisen und ein weiteres Mal beim grössten MTB Etappenrennen der Welt dabei sein möchten.
Wenn ihr meine Geschichte so lest, dann brauche ich euch nicht zu erläutern, dass ich mir über den Ausgang des Rennens im Vorfeld keine grossen Gedanken mehr machen werde. Zu viel habe ich schon erlebt, um das Ganze einordnen zu können und ich bin übrigens auch nicht der einzige dabei! Die Härte des Epic’s und seine Geschichten trifft jedes Jahr viele Topfahrer und dies hängt sicher auch damit zusammen, weil man so sehr am Limit fährt. Doch auch die Umstände mit der Hitze, dem unbekannten Terrain und vieles mehr zollen oftmals Tribut. Sören und ich sind beides erfahrene Rennfahrer und wir müssen uns vor allem auf unsere Dieselmotoren verlassen. Was am Ende für uns rausspringt werden wir sehen! Das Wichtigste an einem solchen Projekt ist stets, dass man auch danach noch miteinander reden kann!
So oder so, am Ende wird es erneut nur ein MTB Rennen an einem Ort sein, an welchem man nach dem Blick nach Links und Rechts ziemlich schnell einordnen kann, wie relevant diese Ganze Show tatsächlich ist und dass allein schon die Teilnahme ein grosses Privileg auf dieser Welt ist! Mund abwischen, weiter machen!
Für mich verlief die Vorbereitung bisher auf jeden Fall ziemlich gut und ich bin zufrieden mit meinem Standpunkt. Nach dem Tankwa Trek von letzter Woche startete ich am Sonntag noch bei einem über 100 km führenden Strassenrennen in Windhoek. Das Rennen ging relativ gut, auch wenn ich noch ziemlich mit der dünnen Luft hier in der Höhe zu kämpfen hatte. Morgen Donnerstag werde ich bei der Tour de Windhoek weitere Rennkilometer auf der Strasse sammeln. Die Rundfahrt dauert 4 Tage und umfasst 4 Etappen. Mehr dazu gibt’s dann nach dem Rennen!
Hier noch der offizielle Pressebricht: