Rennberichte

Enttäuschender 2ter nach 400 km im Sprint beim Desert Dash.

Der Sport ist ein gnadenlos hartes Business, das ist bekanntlich nichts Neues. Dass eine Siegesserie irgendwann zu Ende geht und alle darauf warten, bis der amtierende Champion geschlagen wird und wer das wohl sein wird gehört ebenso zum Teil der Show. Heute ging meine Serie nach sechs Siegen in Serie beim Desert Dash auf eine für mich bittere Art und Weise im Zielsprint zu Ende und es wird wohl eine Weile dauern, bis ich diese Niederlage verarbeitet habe.

Es fällt mir vor allem deswegen so schwer, weil ich von mir selber am meisten enttäuscht bin und ich einmal mehr bei diesem Rennen dermassen viele Schmerzen über mich ergehen lassen musste. Ich denke die meisten „normalen“ Leute hätten unter meinen Umständen vorzeitig das Handtuch geworfen!

Es wurde schon früh im Jahr gemunkelt, dass die Startliste in diesmal durch einige starke Fahrer erweitert würde und deshalb investierte ich auch etwas mehr Zeit in die Vorbereitung. Mein Plan schien aufzugehen und als ich gestern um 13.45 Uhr von meiner Frau‘s Elternhaus gemeinsam mit ihrem Bruder zum Start rollte, da erfreute ich mich über super Beine. Das Selbstvertrauen war da und ich war bereit, meinen Titel beim neu über 393 Km führenden Rennen zu verteidigen!

Nach den ersten ruhigen Km ging es dann wie immer relativ schnell zur Sache und der Anstieg hinauf zum Kupferberg sollte die Spitzengruppe formieren. Neben mir war es vor allem mein Kollege Tristan De Lange, der immer wieder forcierte und zu meiner Freude waren wir dann noch immer 6 Fahrer, als wir den ersten Checkpoint oben auf der Kuppe erreichten. Vor einem Jahr waren wir nur zu Dritt und da auch diesmal der Gegenwind ziemlich stark war, war die Konstellation für die folgenden 40 leicht welligen Km vielversprechend. Die Gruppe harmonierte gut und es war ganz schön Zug drin, wodurch wir trotz des Windes gut vorankamen. Zu meiner Überraschung verloren dann zwei Fahrer relativ bald den Anschluss, obschon ich genau diese Beiden auf meiner Rechnung hatte. Als wir nach 70 Km die einzig lange Abfahrt (Uispass) erreichten, verblieben nur noch Tristan De Lange, Vincent Dorn (Deutscher Rennfahrerkollege), der Strassen Paralympics Goldmedaillengewinner aus Holland (Daniel Abraham) und der Vorjahresdritte Dusty Day in der Gruppe.

Die Sonne brannte und nach der Abfahrt fühlte sich die Luft an, als hätte jemand die Tür eines Backofens geöffnet. Die folgenden Km sind und waren stets vorentscheidend für den weiteren Rennverlauf, denn ab da werden die Karten auf den Tisch gelegt. Es folgen nämlich unzählige kurze, knackige Anstiege und bereits vor dem zweiten Checkpoint nach 100 Km verloren tatsächlich Day und wenig später auch Abraham den Anschluss. Somit war ich nur noch mit meinen beiden Kumpels Dorn und De Lange an der Spitze und das war richtig cool. De Lange, der aufstrebende Youngster aus  Namibia hatte ich früher sogar zwei Jahre lang trainiert und mit ihm war ich ja letzte Woche in Aus im Trainingslager. Dorn kenne ich ebenfalls schon sehr lange und vor drei Tagen hatten wir noch alle zusammen ein gemütliches Abendessen mit BBQ. Nun fuhren wir zu Dritt in den Sonnenuntergang und es fühlte sich eher wie eine Biketour mit Kollegen, als einem der härtesten Eintagesrennen der Welt an!

Bis zum nächsten Checkpoint bei 176 Km sah bei mir alles bestens aus. Einzig die grosse Menge an Flüssigkeit und meine Mühe mit dem Essen stimmten mich nachdenklich. Ich verbrauchte in den ersten 6 Rennstunden ganze 6 Liter und brachte bereits den 3ten Energieriegel kaum noch runter!! Aber bei dieser Hitze und der trockenen Luft ist das eigentlich auch keine Überraschung, man hat einfach keinen Appetit und deswegen versuchte ich, möglichst viel Energie aus meinem Getränk zu bekommen.

Beim Checkpoint erhielt ich dann wie immer das erste Mal im Rennen (outside Support) von meinem Schwiegervater. Wie vor einem Jahr packte ich mir zwei Sandwichs, denn diese gehen im Normalfall immer gut zum Essen. Doch heute klappte nichts mehr. Ich schaffte nur ein halbes und danach war fertig. Auch mein Getränk brachte ich nicht mehr runter und so biss ich bis zum nächsten Wasserpunkt bei 210 Km auf die Zähne, ehe ich da eine Flasche Cola tankte. Jetzt musste schnelle Energie her, doch schon nach wenigen Schlucken verkrampfte sich mein Magen und ich wusste kaum noch wie ich auf dem Rad sitzen sollte. Dazu die ganzen Schläge von der holprigen Strecke. Nicht nur die Magenkrämpfe wurden unerträglich, ich musste mich schliesslich mehrere Male übergeben und konnte nicht einmal mehr Wasser trinken.

Eine ideale Situation nach knapp der Hälfte des Rennens würde ich sagen! Zum Glück war die Strecke ab nun praktisch flach, doch meine beiden Begleiter und vor allem De Lange machten einen starken Eindruck! Ich hatte beim Dash schon etliche Male grosse Probleme mit der Energiezufuhr und ging auch schon durch sehr viele dunkle Momente, doch so nah an der Aufgabe wie heute war ich noch nie. Erfolge sind meistens nur durch grosse Leistungen zu erreichen und die Tatsachen, dass ich meine Frau für dieses Rennen 3 Wochen alleine in der Schweiz zurück liess und die Bereitschaft meiner Schwiegereltern, für mich eine Freinacht durchzumachen hielten mich im Rennen. Dazu natürlich meine ganzen Sponsoren, die ich ebenfalls nicht enttäuschen wollte.

Spass machten die restlichen 180 Km auf  jeden Fall keinen und für mich ist es ein Rätsel, wie ich ohne Energie und Flüssigkeitszufuhr solange fahren kann. Erst bei der 315 Km Marke schaffte ich es wieder, drei Kartoffeln hinunter zu würgen und ab da ging es allmählich besser. Doch nach 340 Km ging es ins Finale und in jenem Streckenabschnitt wollte ich eigentlich die Entscheidung (wie in den Vorjahren) herbeiführen. Doch heute waren mir die Hände gebunden und ohne Energie hing ich sprichwörtlich in den Seilen. Am meisten beeindruckt war ich in jener Situation von De Lange, denn dieser zeigte sich bis anhin klar am stärksten, machte allerdings nicht einmal irgendwelche Anstalten und verliess sich wohl voll und ganz auf seinen Sprint. Dorn kannte das Finale sowieso nicht und deshalb gab es für mich auch nur noch diese eine Chance, den Zielsprint!

Tatsächlich tat sich dann bis vor dem Ziel nichts mehr und obwohl ich am Ende meiner Kräfte war, eröffnete ich den Sprint durch den losen Sand an der Küste. Ich war als Erster auf den rollenden Holzbrettern und das Ziel und der Sieg war unmittelbar vor mir, da zog De Lange tatsächlich noch an mir vorbei! Das war’s, ich war geschlagen und der Sieg war weg! Bitter!

Aber…… ! Heute hat ganz klar der Stärkste Fahrer des Tages gewonnen und so soll es auch sein! Auch von Dorn ziehe ich den Hut, denn er war zum ersten Mal mit dabei und zeigte ebenfalls eine unglaubliche Leistung! Dass mir durch meine Probleme die Hände gebunden waren und ich meinen angestrebten Plan nicht umsetzen konnte ist natürlich extrem ärgerlich. Trotzdem kann ich stolz sein, dass ich unter diesen Umständen bis zum letzten Meter gekämpft und nicht aufgegeben hatte! Eine schöne Serie ging heute zu Ende, doch ich war ja nicht weit weg und hatte eine weitere konstante Leistung bei diesem Rennen gezeigt. Im Sport sind Niederlagen Teil des Geschäfts und auch wenn es nicht gereicht hat, so war es ein tolles und spannendes Rennen bis zum Schluss und wir konnten dem Veranstalter packenden Sport liefern! Nun liegt es eigentlich wieder an mir, den Titel zurück zu holen und obschon das meine meist gefragte Frage war, habe ich aktuell noch keine Antwort darauf!

Ein kleines persönliches Ziel habe ich dann doch noch erreicht. Ich bin das erste Mal in meinem Leben über 400 Km Fahrrad gefahren!

Nun geht es für mich bereits Morgen Sonntagabend zurück in die Schweiz und auch wenn der Wechsel von der Wüste in den tiefen Winter kaum krasser sein könnte, so freue ich mich extrem darauf! Nach der ganzen Hektik vor zwei Wochen bin ich nämlich vor allem auch froh, dass ich normal nach Hause komme!