Rennberichte

Gesamtsieg beim Titan Desert 2021!

Es ist tatsächlich geschafft und der Gesamtsieg des Titan Deserts 2021 ist im Trockenen!

Hätte ich vor dem Rennen gewusst, wie dieses Rennen genau gefahren werden muss und was es im Idealfall für einen Sieg alles an Support braucht, dann hätte ich mich vlt gar nicht erst angemeldet!

Rückblickend ist es nämlich schier unglaublich, was ich diese Woche geschafft habe und genau diese Tatsache brachte mir viel Respekt und Anerkennung bei sämtlichen Teilnehmern und auch Organisatoren. Wobei sich am Ende alle freuten, dass sich ein Einzelfahrer gegen eine gesamte Spanische „Armada“ durchsetzen konnte!

Gestern Morgen wurde ich bereits um 4.30 Uhr wach und konnte danach nicht mehr schlafen. Ich war doch ein wenig nervös vor der letzten Etappe und machte mir alle möglichen Gedanken. Die Etappe war mit 75 Km zwar relativ kurz, doch es braucht einen einzigen Stein, ein Sturz oder eine sonstige Unachtsamkeit und das Rennen ist auch mit 4 Minuten Vorsprung schnell verloren!

Zum Glück waren die Beine noch immer sehr gut und eigentlich brauchte ich ja nur noch zwei Fahrern zu folgen. Die Strecke war die ersten 30 Km praktisch flach und schon bald einmal setzte sich eine kleine Gruppe ab. Damit es dahinter ruhig blieb, bestimmte ich gleich selber das Tempo und fuhr einfach immer gleich schnell wie die Spitzengruppe, gut 500m dahinter.

Erst beim zweiten Checkpoint kam dann doch noch Action auf. Der Gesamtdritte Munoz bog von der Strecke ab und da war sie wieder, die ungewollte Hektik. Zum Glück folgte auch Zubeldia (Zweiter) und somit war die Sache eigentlich unter Kontrolle. Ich hatte einfach überhaupt keine Lust mehr auf diese Spielchen und zählte jeden KM hinunter. Die „Abkürzung“ war dann tatsächlich erfolgreich, denn wir kamen vor der Spitzengruppe zum nächsten Checkpoint!

Da das Tempo anschliessend in unserer Gruppe zusammen fiel, (ich hatte nun keine Lust mehr für irgendwelche Arbeit) und die Strecke auf direktem Weg zum Ziel führte, schloss die ehemalige Spitzengruppe wieder auf. Gut 4 Km vor dem Ziel gab es dann die letzte Möglichkeit, um einen direkteren Weg zu fahren und da gingen die Spielchen um den Etappensieg los. Ich hatte dermassen die Nase voll, dass ich einfach stur auf der gegebenen Strecke blieb und die letzten Km somit alleine bis ins Ziel fuhr. Zwar waren alle anderen vor mir da, dafür konnte ich die Zieleinfahrt alleine voll geniessen und diesen unbeschreiblichen Moment aufsaugen!

Nach 620 Km und beinahe 24 Rennstunden in der Wüste konnte ich einer meiner schönsten und vor allem speziellsten Erfolge feiern!

Wer meinen letzten Blogg vor diesem Rennen gelesen hat, hat sicher gemerkt, dass ich nicht gerade optimistisch war und vor allem mental nicht in bester Verfassung! Dies war eigentlich die gesamte Saison immer wieder der Fall und ich hatte einfach extrem viel Glück, dass es mir schon vom ersten Tag an extrem gut ging!

Ich habe ein Rennen gefunden, dass zumindest vom Streckencharakter, der Etappenlängen, dem Profil und dem Untergrund perfekt auf mich zugeschnitten ist. Das Wetter und vor allem die Temperaturen muss man ebenfalls ertragen können und auch da habe ich mit meinem Körper anscheinend die besten Voraussetzungen. Die Form war perfekt und auch mit meinen vorher unbekannten „Haima“ Zimmerkollegen Chavanel & Moinar hatte ich extremes Glück, denn dies sind zwei super Typen und wir hatten eine mega Zeit. Dass mir bereits nach meinem ersten Etappensieg ein Betreuerteam eine Massage und Bikeservice anboten und ich somit Teil eines Teams wurde, war ebenfalls Glück und obwohl sie alle kaum ein Wort Englisch sprachen und ich sowieso kein Spanisch, hatte es mir an nichts gefehlt!

Auch die Art der Übernachtungen in den Zelten und der ganze Staub machte mir überhaupt nichts aus.
Die gesamte Woche lief ab wie ein Märchen und ich vergass all meine „Sorgen“ der letzten Monate! Die Begeisterung der Spanier für ihre „Helden“ wird ebenfalls auf eine eindrückliche Art gelebt und jedes Team zollte mir Respekt. Ich hatte natürlich auch sehr viel Rennglück und kam ohne jegliche Probleme durch. Meine Materialwahl war perfekt und auch die Ungewissheit und damit verbundene Unbeschwertheit machte am Ende wohl den Unterschied!

Nach unzähligen Fotos und Interviews konnte ich dann endlich ins Hotel einchecken und spätestens bei der grossen Siegerehrung am Abend befand ich mich endgültig in 1001 er Nacht!

Heute war ich dann erneut um 5 Uhr wach und spürte die eintreffende Müdigkeit und Erschöpfung. Ein komplett überdrehter Körper und von Emotionen überwältigender Geist, ein Zustand, den ich wohl auch noch über das ganze Wochenende ertragen und akzeptieren muss.

Bereits um 6.15 Uhr ging es per Reisebus zum über 100 Km entfernten Flughafen und nach dem Sonnenaufgang konnte ich erstmals eine Art „bewohnte“ Gegend wahrnehmen. Bis auf den ersten Tag waren wir ja immer nur im Nirgendwo, fernab jeglicher Zivilisation. Vlt hätte ich es lieber bei geschlossenen Augen gelassen, denn was ich heute gesehen habe, war dann doch noch ein etwas anderes Bild dieses landschaftlich so wunderschönen Landes und ich verliess Marokko schlussendlich um 10 Uhr zwar mit einem sportlichen Sieg im Gepäck, doch ansonsten weiss ich praktisch Nichts über dieses faszinierende Land!

Das Hamsterrad fing also bereits beim Flug nach Barcelona wieder an zu drehen….
Auf meine Fragen betreffend meiner Zukunft habe ich zumindest ein paar Antworten erhalten und trotzdem weiss ich jetzt schon, dass ich spätestens am Montag wieder extrem zu kämpfen habe, um mich in der „normalen“ Welt zurecht zu finden und dem Wechsel aus der „Scheinwelt“ klar zu kommen.

Ich hatte mich nämlich vor diesem Rennen entschieden und meinen Brüdern versprochen, dass ich eine Pause einlege und für die kommenden Wochen auf den Dächern des ZCH Oberlandes herumturnen werde. Aus Spass ist noch ein erstmaliger Start bei der Tortour Gravel in zwei Wochen geplant. Bis dann sollte ich mich von den Strapazen erholt haben und die Form sollte auch ohne Training noch für gute Beine reichen.

Gleichzeitig werde ich mich um meine Zukunft kümmern müssen und immerhin hätte ich mir jetzt einen Gratisstartplatz für die nächste Austragung gesichert! Preisgeld gibt es nämlich bei diesem Rennen keines…..

Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig mitnehmen und teilnehmen lassen bei diesem Abenteuer und wenn jemand wirklich Interesse hätte um das Ganze selber zu erleben, dann könnt ihr euch gerne bei mir melden. Ich bin jetzt offizieller Schweizer Titan Desert Ambassodor!

Ganz ohne MTB Sport wird es bei mir auch in der Pause doch nicht gehen, denn ab Morgen kann ich meine Frau bei ihrem zweiten Cape Epic Start aus der Ferne anfeuern!

Jetzt hoffe ich, dass ich auch noch die 7te Etappe erfolgreich beenden werde! Die VIP Lounge am Flughafen Barcelona ist zwar toll und die 35 Euro Eintritt habe ich durch meinen Heisshunger und die ganzen Kaffee’s schon 3 Mal herausgeholt, doch auf mein eigenes Bett heute Nacht freue ich mich trotzdem bereits riesig!

Stay tuned!