Rennberichte

Rang 5 beim Nationalpark Bike Marathon.

20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter

Mit gemischten Gefühlen überquerte ich heute nach 140 km, 4’000 Höhenmeter und knapp 6 Rennstunden im Sattel als 5ter die Ziellinie beim Nationalpark Bike Marathon in Scuol!

Nachdem ich am Donnerstag nach meiner Anreise und einer lockeren Ausfahrt beinahe wieder nach Hause gefahren wäre, geht die Rangierung eigentlich total in Ordnung. Betrachte ich allerdings den heutigen Rennverlauf, dann stand ich mir am Ende etwas selber im Weg und deshalb ärgere ich mich rückblickend doch ein wenig über den Ausgang….

Die ganze letzte Woche kämpfte ich mit den Nachwehen des Swiss Epic’s und ich hatte extrem Mühe, mich wieder aufzupäppeln. Das Hauptproblem war vor allem die Tatsache, dass ich genau wusste dass die Zeit eigentlich zu knapp sein würde, um für dieses lange Rennen wieder im Vollbesitz meiner Kräfte zu sein und trotzdem wollte ich es versuchen, da es sonst nicht mehr viele Rennen zu fahren gibt.

Um meine eingeschlafenen Beine zu wecken und den Körper zu aktivieren bestritt ich am Mittwochabend noch ein kurzes Abendrennen (Kriterium). Der Power im Sprint war zwar vorhanden, doch ansonsten kam nicht sehr viel. Trotzdem konnte ich das Rennen gewinnen und so reiste ich im guten Glauben am Donnerstag nach Scuol.

Jedes Mal wenn ich das Schloss Tarasp passiere und nach Scuol rein fahre, dann wird mir regelrecht warm ums Herz. Es gibt wenige Rennorte, mit denen ich so viele intensive Erinnerungen teile (erster Marathon mit 16 Jahren, erster Transalppodestplatz, einziger Schweizer Meistertitel und vieles mehr…)

Meine Vorfreude hielt leider nicht allzu lange, denn als ich für ein kurzes Training aufs Rad stieg, da wusste ich nicht mehr wie mir geschah. Als ich nach 30 Min unten im Tal umdrehte, da kam ich anschliessend fast nicht mehr zurück nach Scuol. Da war einfach rein gar nichts mehr in den Beinen und ich wäre am liebsten wieder nach Hause gereist. Nach ein paar aufmunternden Worte meines Vaters blieben wir dann aber schliesslich doch auf dem Camping Platz.

Nach ein paar Tagen ohne grosses Training braucht es manchmal ein paar Stunden, um den Motor wieder in seinen gewohnten Rhythmus zu bringen und deshalb versuchte ich dies am Freitag mit einem längeren Training und vor allem viel Mampf für den erhofften Dampf! Es lief zwar noch nicht nach Wunsch, doch immerhin konnte ich mir wieder vorstellen, die Distanz überhaupt zu schaffen!

Von Sommer oder Spätsommer war dann heute Morgen um 7.15 Uhr nichts zu spüren, denn die Temperaturen lagen knapp über Null und viel mehr als 10 Grad sollte es auch nie werden. Es fehlten also auch woanders ein paar Pluspunkte, oder eben mind. 20 Grad für mich!

Der erste Anstieg (Costainas Pass) ist nur die ersten paar Km etwas steil und danach folgen 20 leicht ansteigend Km bis zur Abfahrt. Ich habe ja schon einige Austragungen miterlebt aber so gebummelt wie heute wurde noch nie. Irgendwie wollte einfach niemand Tempo machen und so waren wir lange Zeit eine riesen Gruppe von über 30 Fahrer. Ich hatte dermassen kalt, dass ich meine Finger kaum noch spürte und so entschied ich mich am Ende als Erster, die Nase in den Wind zu strecken um zumindest etwas Schwung in die Gruppe zu bringen. Nach mir übernahm Huber und so wurde die Gruppe dann schliesslich doch noch ein wenig dezimiert, ehe wir in die Abfahrt nach Fuldera stachen!

Auch beim zweiten Anstieg hinauf ins Val Mora war das Tempo verhalten, doch mir war es ganz recht und so waren wir noch rund 8 Fahrer, als wir nach dem dritten Anstieg (Alpisella) und einer gefährlichen Abfahrt nach Livigno kamen.

20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter

Vor uns lag nun das Haupthinderniss und Scharfrichter des Rennens, der Chaschaunapass! 682 Hm auf 3.8 km ergeben einen Schnitt von 17%!! Dazu die dünne Luft auf 2’600 M.ü.M.! Obwohl ich mich nicht mehr sonderlich gut fühlte, hielt ich biz zur Hälfte des Anstieges den Kontakt zur Spitzengruppe, während drei Begleiter den Anschluss bereits verloren hatten. Leider kam dann das grosse Aber. Mich verliessen die Kräfte und auch mental konnte ich einfach nicht mehr leiden. Ich „hasse“ diesen Anstieg seit eh und jeh wie keinen anderen und genau das war auch heute mein Problem. Dazu fehlte nicht nur die physische, sondern auch die mentale Frische um ans absolute Limit zu gehen. Mein Rückstand bis zum Gipfel wuchs nicht nur aufs Uneinholbare in der Abfahrt, es überholte mich auch noch ein Fahrer im Anstieg und ein weiterer im obersten neuen Abschnitt der Abfahrt! Im unteren Teil war ich dann aber zum Glück wieder richtig schnell unterwegs und schaffte noch einmal den Anschluss an die beiden Texpa-Simplon Fahrer (Hartmann & Eisenbarth).

Endlich bekam ich wieder etwas mehr Luft im Unterengadin, doch ich war extrem müde und fühlte mich leer. Ab jetzt folgten zum Glück für die folgenden 20 Km nur noch kurz Anstiege und ansonsten „fliegt“ man förmlich das Engadin hinunter. Obwohl wir gut harmonierten musste ich bereits in Zernez einsehen, dass der 5te Rang wohl am Ende das Maximum sein würde! Ich war so müde, dass ich selbst diese Platzierung beinahe aufgab und mich schon fast mit Rang 7 zufrieden gab. Als die Strecke dann von Lavin nochmals leicht anstieg bis nach Guarda erkannte ich, dass bei meinen Begleitern auch nicht mehr übermässig viel Energie vorhanden war.

Am Ende verlor Hartmann bei der Dorfdurchfahrt in Guarda den Kontakt und so liess ich es am Ende auf den Sprint ankommen. Zum Glück gaben dann meine Beine doch nochmals ein paar Watts her und es reichte für den 5ten Tagesrang.

Durch die Tatsache, dass das Rennen lange „langsam“ war, kam ich relativ weit mit der Spitzengruppe und deshalb ärgere ich mich ein wenig, dass ich nicht mehr „gebissen“ habe. Doch wie schon gesagt war halt auch da mein „Tank“ noch leer vom Swiss Epic und es ging einfach nicht. Selbst wenn ich über den Berg gekommen wäre, hätte es wohl im Finale eh nicht für mehr gereicht und deshalb passt das so für mich.

Schade clashten diese schönen Schweizer Rennen alle zusammen und so bleibt mir die Gewissheit, dass ich in Vollbesitz meiner Kräfte eine gar nicht allzu schlechte Form hätte und ich an einem guten Tag um das Podium hätte fahren können.

Ich hoffe nun, dass ich in der kommenden Woche def. weiss, ob es für mich im Oktober noch Wettkämpfe gibt (Coronalage) und ich anschliessend meine Pläne bis zur SM nochmals sortieren kann!

Am Ende des Tages verliess ich einmal mehr ganz zufrieden die Ortschaft Scuol und das Schloss Tarasp, es ist halt einfach ein sehr schöner Fleck auf dieser Erde!

20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter
20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter
20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter
20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter
20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter
20. Nationalpark Bike-Marathon, am Samstag, 28. August 2021 in Scuol. Foto Martin Platter