Rennberichte

Rang 3 auf der zweiten Etappe, was für ein Tag!

Phu, was für eine emotionale Achterbahn und halsbrecherische Etappe war denn das bitte schön?!

Während den letzten Minuten vor dem Start war ich heute mental am Tiefpunkt, denn nach dem gestrigen Einstand fragte ich mich so richtig, wieso ich das eigentlich noch mache. Ich durchlebe in letzter Zeit nicht nur sportlich einige Höhen und Tiefen sondern auch privat gibt es ein paar Dinge, dich mich extrem drücken und belasten. Zum Glück konnte ich dies hinter der Maske ein wenig verbergen und so versuchte ich mich schliesslich doch zusammen zu reissen und das Beste daraus zu machen.

Die heutige Etappe schätzte ich als die „einfachste“ des ganzen Rennens ein und vor allem der Anfang (ersten 33 Km) hinauf auf den Berninapass würde sicherlich etwas weniger selektiv werden wie gestern, da dieser Anstieg nie wirklich steil ist. Genau so kam es dann auch, das Tempo war zwar anständig, aber so richtig schnell dann doch nicht. Erst im letzten Abschnitt wurde die Kadenz doch noch erhöht und da hatte Sören ein bisschen Mühe und konnte die Gruppe nicht mehr halten. Doch er war zum Glück nicht der Einzige und dies stimmte mich dann doch wieder zuversichtlich. Vor der Passhöhe ging es noch um den Stausee und da ich mich zu jenem Zeitpunkt richtig gut fühlte, konnte ich die zweite Gruppe im Gegendwind wieder an die Spitze heran fahren. Was danach folgte, ist ein regelrechter MTB Rennkrimi!

Ich bin ja nun schon sehr lange im „Geschäft“ und setze bei Etappenrennen steht’s auf dieselbe Taktik. Man sollte seine Grenzen kennen, respektieren und ein wenig mit „Köpfchen“ oder besser „Vernunft“ fahren. Klar, bei Eintagesrennen kann oder muss man manchmal über dem Limit fahren, wenn es um den Sieg geht aber meine defensive Devise bei solchen Rennen hat sich bisher meistens ausbezahlt. Sören und ich setzten auch heute auf unsere Konstanz und Erfahrung und so wurden wir gleich zu Beginn der Abfahrt ein wenig distanziert. Vorne verabschiedeten sich die Leader, Gesamtzweiten und Dritten vom Rest und dahinter wurde die Gruppe mit den verbleibenden vier Teams aufgesplittert. Es ging aber nicht lange, da standen die ersten mit Defekten neben der Strecke! Ich muss aber an dieser Stelle auch sagen, dass der gesamte Downhill bis nach Poschiavo für einen durchschnittlichen Hobbyfahrer eher an der oberen Grenze des noch fahrbaren liegt und ich mir nicht sicher bin, wie ich selber bei Regen einen solchen Trail fahren würde. Doch genau das ist ja das tolle am Swiss Epic, es ist ein richtiges MTB Rennen und das Wetter war heute perfekt!

Wenige Minuten nach dem ersten Team (Scott Develop) mit Defekt stand auch das Buff-Scott Team neben Strecke und unsereins schafften den Anschluss zum Trek –Pirelli 2 Team. Somit waren wir auf Rang 4 oder 5 unterwegs und donnerten weiter Richtung Talboden. Irgendwann kamen die Buff-Scott Jungs wieder an uns heran, doch just im selben Moment machte der Österreicher Geismayr einen spektakulären Abflug. Er tat mir unglaublich leid und ich befürchtete das Schlimmste für ihn. Glücklicherweise kam er aber relativ unbeschadet davon und konnte die Etappe zu Ende fahren. Gemeinsam mit unseren Begleitern erreichten wir schliesslich die Ortschaft Poschiavo und da ereignete sich nicht weit vor uns das Drama des Tages. Die Gesamtzweiten und Dritten haben sich gegenseitig abgeschossen und beide Teams standen neben der Strecke. (Eine Beschreibung des Unfalls sprengt hier den Rahmen, doch mit einem Schlüsselbein & Handbruches des einen und einem Ellbogenbruch des anderen Fahrers fielen beide Teams komplett aus dem Rennen)

Ich traute meinen Augen nicht und musste das zuerst verdauen, denn wir lagen nun auf Podestkurs. Es folgte noch ein letzter Anstieg mit ca. 250 Hm und da konnten wir den Anschluss zu Buff-Scott nicht mehr halten. Von hinten drohte ebenfalls nochmals Gefahr, denn es waren zwei weitere Teams im Anflug. Vor uns lag nur noch der letzte Singletrail des Tages und da waren wir wieder in der Zwickmühle. Pokal oder Spital? Fürs Podest brauchte es eine gute Mischung und zum Glück schafften wir auch diesen Trail unbeschadet und egalisierten schliesslich als Tagesdritten unseren ersten Podestplatz! So richtig freuen konnte ich mich natürlich unter diesen Umständen nicht darüber und ich wünsche an dieser Stelle allen Gestürzten gute Besserung!

In der Gesamtwertung schoben wir uns ebenfalls auf den dritten Gesamtrang, da sich hinter uns noch weitere Dramen  abspielten. Es war also eine ereignisreiche Etappe, doch mit unserer Fahrweise haben wir offensichtlich das richtige Rezept gefunden. Das Rennen ist noch sehr lange und es kann natürlich auch uns einmal treffen. Trotzdem werden wir ab jetzt natürlich alles versuchen, um am Podest dran zu bleiben!

Morgen geht es nach Davos und ich bin gespannt, welche Geschichte auf uns warten wird! Mental geht es mir auf jeden Fall wieder sehr viel besser und die Frage, weshalb ich das Ganze noch mache hat sich mit der heutigen Etappe vorerst auch geklärt!