Rennberichte

Ultra-EM, eine Nachlese….

Das Verarbeiten einer Niederlage!

Von was genau lebt eigentlich das Sportbusiness? Es ist sicherlich in den meisten Sportarten das Streben nach Höchstleistungen und das Erreichen von Erfolgen. Dann gibt es viele Sportarten, die wurden zur regelrechten Unterhaltungsindustrie und wiederum geht es bei anderen auch um Materialtests, welche anschliessend für den „Normalverbrauch“ auf den Markt kommen. Aktuell gibt es mit der Fussball EM, dem Wimbledon Tennisturnier, der Tour de France und bald einmal der Olympiade einige Beispiele dazu. Was bei allen Sportevents von grosser Bedeutung ist, sind die damit verbundenen Emotionen, welche nach Siegen oder Niederlagen zum Tragen kommen. Gerade beim Fussball kann die Stimmung einer ganzen Nation miteinbezogen werden, obwohl die Leistung dazu von gerade mal 11 Personen vollbracht wird. In vielen Sportarten geht es Mittlerweilen um Millionen, wenn nicht schon Milliarden Beträge (Verträge, Sponsorengelder) und dementsprechend gross kann der Druck auf einen Sportler oder ein ganzes Team / Verband sein.

Ich bewege mich in einer Sportart, die in der Öffentlichkeit keine allzu grosse Bekanntheit geniesst und bei mir geht es nicht nur um Werbung, sondern auch um die bereits genannten Materialtests. Wenn ein Hersteller seine neusten Produkte auf den Markt bringt, dann ist es von grosser Bedeutung, wenn das Material von Profifahrern auf Herz und Nieren getestet werden, denn durch die Umfänge und Belastung bei Wettkämpfen entstehen wichtige Praxisteste für das neuste Material. In meiner Sportart geht es auch nicht um allzu grosse Beträge und dementsprechend steht die Leidenschaft für den Sport und den damit verbundenen Lifestyle im Vordergrund. Dies kommt aber auch bei den ganz grossen Sportstars immer wieder zur Geltung, denn ein Roger Federer müsste schon lange keine Turniere mehr spielen. Er ist für mich ein Paradebeispiel bei dem man sieht, wie viel Leidenschaft und Emotionen er für seinen Sport auch nach über 20 Jahren im Business noch immer aufbringt. Dann gibt es wiederum Beispiele von Sportlern, die lieber als Ersatzspieler auf der  Bank sitzen anstatt als Stammspieler aufzutreten, nur weil sie da mehr verdienen und dies, obwohl sie so oder so ganz gut davon leben könnten.

Für mich gab es am letzten Wochenende eine der sportlich grössten erlebten Enttäuschung meiner Karriere und ich kann mein Missgeschick noch immer nicht akzeptieren und verarbeiten. Immer wieder sehe ich mich verzweifelt in dieser Wiese stehen und ich kann mir einfach nicht erklären, wieso ich nicht die Ruhe bewahrte und die Strecke suchte. Ich hatte mich verheddert und einen fatalen Fehlentscheid getroffen, der für meine Karriere und mich persönlich einen grossen Unterschied hätte ausmachen können. Ich hatte den letzten Monat alles auf dieses Rennen ausgelegt und es hätte auch alles gepasst. Stattdessen gab es eine Nullnummer und das Einzige, was mich ein wenig tröstet ist die Bedeutung des Wortes „hätte“…..

Hätte ich nämlich ein besseres Licht dabei gehabt, dann hätte ich zu Beginn gar nie den Anschluss verloren. Hätte ich von Anfang an mehr Tempo gemacht und die Lücke geschlossen oder hätte ich nicht zweimal für einen Pipistopp angehalten, dann hätte ich zu jenem Zeitpunkt den Anschluss bereits hergestellt und wir wären zu zweit zu jener Stelle gekommen. Hätte es am Mittwoch nicht geregnet, dann hätte ich diesen Streckenabschnitt vermutlich auch noch besichtigt … es gibt also viele „hätte“ und es gäbe auch noch sehr viele mehr, doch am Ende muss ich akzeptieren, dass es zum Leben dazu gehört dass es nicht immer aufgehen kann. Trost fand ich auch in der Tatsache, dass meine Form punktgenau gepasst hätte und ich einen gesunden Körper habe, der zu solchen Extrembelastungen im Stande ist. Zu meiner Verarbeitung gehört auch das Schreiben eines solchen Berichtes und ich durfte zum Glück schon einige aufmunternde Gespräche mit Freunden führen.

Wenn man eine solche Enttäuschung nicht einfach so wegsteckt, dann zeigt es eben auch auf, wie viel einem das Ganze bedeutet. Ich bin ein „Kopfmensch“ und während mich mein Kopf in guten Momenten zu den bereits erzielten Erfolgen führte und im entscheidenden Moment jeweils den Unterschied ausmacht, kann er mich bei Enttäuschungen genauso krass in die Gegenrichtung ziehen. Diese Hochs und Tiefs sind dann kaum auszuhalten und das war auch beim Rennen so. 5 Minuten nachdem ich den Abstand bei einer Minute zählte und den Sieg vor Augen sah, stand ich ausgeschieden in einem Bachbett. Oder eben, vor eine Woche war die Vorfreude auf dieses Rennen unglaublich gross und jetzt befinde ich mich am mentalen Tiefpunkt wieder und muss mich irgendwie wieder aufbauen.

Wie schon erwähnt gibt es im Moment zum Glück genügend Beispiele von Sportlern zu sehen, denen es genauso geht. Der Typ, der den entscheidenden Elfmeter verschoss oder der Typ, der bei der ersten Etappe nach einem Sturz an der Tour de France ausschied… in jedem ausgetragenen Wettkampf im Sport gibt es am Ende nur einen Sieger und die Zahl der „Enttäuschten“ ist um ein vielfaches höher. Der Sport ist zum Glück ein schnelllebiges Business und bereits nach dem nächsten Wettkampf, ist der vergangene Geschichte. Doch auch da gibt es im Moment noch einen Unterschied zu Früher, denn besonders viele Rennen gab es für mich in diesem Jahr noch nicht und so fühlt es sich ohne Ergebnis an, als würde ich weiterhin einfach immer nur trainieren.

Ein weiterer emotionaler Tiefpunkt folgte dann auch noch am Dienstag nach meiner zweiten Corona-Impfung. Denn nach dieser ging es mir auch noch körperlich richtig mies und es war schwierig, aktuell etwas Positives zu sehen. Was ich bei all dem Erlebten jedoch nie vergesse ist die Tatsache, dass mein Sportlerdasein am Ende doch nur eine kleine „Scheinwelt“ ist und es aufs Leben betrachtet alles wieder relativiert. Es war ja nur ein Bikerennen und es ist im Grunde schon ein Privileg, an diesem teilzunehmen. Dazu bin ich körperlich gesund, habe eine wunderbare Frau an meiner Seite und dazu Sponsoren, die trotzdem zu mir halten und mich auf meinem Weg begleiten!

An diesem Wochenende werde ich nun beim regionalen Cross Countryrennen in Uster im Rahmen der MTB Race Series teilnehmen, ehe ich den Fokus auf ein weiteres Saisonhighlight in zwei Wochen legen werde. Mit der Salzkammergut Trophy steht ein weiteres Ultra Rennen auf dem Programm, zu welchem ich nur die besten Erinnerungen habe und ich hoffe, dass ich da meine Siegesserie der letzten drei Austragungen fortsetzen kann! Für den weiteren Saisonverlauf wäre es mit Sicherheit von extremer Bedeutung.

Nun bin ich gespannt, wie es mir nach den vielen langen Trainings bei meinem ersten Cross Country Einsatz seit ¾ Jahr ergehen wird.