Rennberichte

Harter Rückschlag bei der Ultra Marathon EM!

Im Sport liegen Erfolge und Enttäuschungen manchmal sehr nah beisammen und die dabei zu überstehenden Höhen und Tiefen sind unglaublich hart. Ich musste in meiner Karriere schon mehrere ziemlich schmerzvolle Enttäuschungen hinnehmen (Cape Epic zB.) und heute kam leider eine weitere hinzu.

Diese schmerzt besonders, denn heute habe ich ja nicht irgendeinen Sieg verpasst, sondern einen möglichen Titelgewinn und das unglaubliche daran ist, wie mein Ausscheiden zustande kam.

Die guten Beine nach gestern hatte ich auch heute Morgen um 4.30 Uhr an der Startlinie und das stimmte mich sehr zuversichtlich. Bereits am ersten Anstieg konnte ich mich mit einer vierköpfigen Spitzengruppe vom Rest des Feldes absetzen, doch dann kam in der ersten Abfahrt ein sehr ruppiger Abschnitt, bei welchem ich in der Dunkelheit einen Stein übersah und über den Lenker flog. Zum Glück ging alles nochmals gut, doch während die beiden Spanier sehr vorsichtig hinter mir weiter fuhren, setzte sich der Österreicher Philipp Handl mit etwas mehr Risikobereitschaft ab. So hatten wir bei der ersten Verpflegung nur 5 Km später bereits 2 Min Rückstand. Ich ärgerte mich extrem, denn dieses Handicap wäre zu vermeiden gewesen.

Ich versuchte ruhig zu bleiben und fand im folgenden Anstieg einen sehr guten Rhythmus. Bei diesem Rennen geht es sowieso nur bergauf oder bergrunter und so kam es nie darauf an, ob man in einer Gruppe oder alleine fuhr. Nach der nächsten Abfahrt wurden dann bereits 3 Minuten Rückstand gemeldet und so war ich gut bedient, das Tempo beim folgenden Anstieg zu erhöhen. (Vor dem Haupthindernis des Tages folgten rund fünf Anstiege mit ca. 500 Hm)  Ich verkürzte beim nächsten Anstieg wieder auf zwei, doch danach lag ich beim fünften Gipfel deren 4 Minuten hinten. Und dies, obwohl ich eigentlich das Gefühl hatte, dass es mir extrem gut läuft und die Beine super drehten. Doch ganz offensichtlich hatte auch Handl vorne einen super Tag erwischt.

Genau auf dem Gipfel zog dann auch noch ein Gewitter über uns hinweg und so war die Abfahrt ziemlich nass und rutschig. Doch nach der Abfahrt lag ich bei der 100 Km Marke noch 2.40 Min zurück und dies stimmte mich zuversichtlich für den längsten Anstieg des Tages. Wenn ich etwas aus meinen vielen Langstreckenrennen gelernt habe, dann die Tatsache, dass man einfach nie aufgeben und bis zum Ende an seine Chancen glauben sollte. Der Anstieg war sehr lange und führte von 1‘000 M. ü. M. auf über 2‘300 M. ü. M.! Ich fand erneut einen guten Rhythmus, doch als mir Mitte des Anstieges 5 Minuten gemeldet wurden, da war ich beinahe gebrochen. Das Rennen schien mir aus der Hand zu laufen!

Zum Glück folgte just in dem Moment die Baumgrenze und ich konnte zum ersten Mal am heutigen Tag meinen Konkurrenten weit vor mir sehen. Jetzt konnte ich selber die genauen Abstände messen und so schaffte ich es bis zum Gipfel, den Abstand gleich zu halten.

Oben angekommen folgten dann noch zwei lang gezogene Traverse -Abschnitte und da sah ich ebenfalls ziemlich weit voraus. Nun passierte genau das, an was ich immer geglaubt habe, ich konnte den Rückstand endlich konstant verkleinern. 4.30 Min, 4 Min und nach der langen Abfahrt 3 Min. Es folgten nun ein paar Gegenwellen und da war ich zurück im Rennen und nur noch eine Minute hinter Handl. Es fühlte sich an, als würde sich bei mir einen Schalter drehen, denn ich war mir sicher, dass ich die Lücke schliessen und wieder im Kampf um den Titel dabei sein würde. Zumal mir der letzte Berg sowieso sehr entgegen kam, denn dieser war nicht mehr steil und am Ende hätte es von mir aus auch wieder im Sprint enden können. Doch dazu kam es leider nicht…….

Bei diesem Rennen gibt es keine Schilder, sondern man muss alles nach GPS fahren. Mein Gerät lag öfters mal ein paar Meter neben der Strecke, doch bis dahin gab es keine Alternativen und ich traf den Weg. Doch da kam dieser eine Abdreh, bei dem mich das Gerät in einen kleinen Wiesenpfad führte. Leider sah ich zu wenig weit voraus um zu sehen, ob Handl da lang fährt doch ich sah im hohen Gras eindeutig Spuren. Doch plötzlich war der Weg zu Ende und das Gerät wies mich nach oben. Doch auch da war kein Weg zu sehen. Ich zoomte die Karte heran und sah, dass die Strecke etwas weiter unten wieder den Weg kreuzen würde und leider war ich in dem Moment, in dem ich ohne Weg in der Wiese stand nervlich dermassen am Ende, dass ich sprichwörtlich einen Kurzschluss in meiner Festplatte hatte. Anstatt zurück zu gehen (da hätte ich bestimmt wieder 1.5 Minuten verloren), entschied ich mich den steilen Wald hinunter zu rennen. Der Hang war unglaublich steil und plötzlich kam da eine kleine Schlucht mit einem Bach. Keine Chance um durchzukommen, doch zurück konnte ich auch nicht mehr, denn da hätte ich beinahe ein Kletterseil benötigt.

Das wars. Keine Chance mehr, zurück ins Rennen zu kommen. Ich rannte verzweifelt den Abhang hinunter, immer wieder durch das steinige Bachbett, durch Brennesseln und Büsche und am Ende kam ich auf der Hauptstrasse viel zu weit unten heraus. Ich war dermassen neben den Schuhen, das ich nicht mehr klar denken konnte. Im gesamten Eifer und Glauben an den Titel verlor ich die zuvor so standhaft bewahrte Ruhe und traf einen fatalen Fehlentscheid. So etwas ist mir in meiner Karriere noch nie passiert und ich war am Boden zerstört. Ich fuhr anschliessend auf der Strasse wieder hinauf, bis die Strecke wieder einbog, denn schliesslich musste ich noch zur letzten Verpflegung, um meinem Betreuer das Missgeschick zu melden. Nach ein paar Minuten heulend am Boden sitzend entschied ich mich, das Rennen noch zu Ende zu fahren, obschon ich schon mehr als 8 Stunden in den Beinen hatte.

Noch ein kurzes Telefon mit meiner Frau und am Ende fuhr ich den letzten Anstieg noch so schnell hoch, dass es für eine Podiumszeit gereicht hätte. 10 Meter vor der Ziellinie bog ich dann ab, denn durch mein Verlassen der Strecke wäre ich ja sowieso disqualifiziert gewesen. Statt einem möglichen Titel bin ich gezeichnet mit Kratzern und einem leicht verstauchten Knöchel, doch vielmehr ein mental komplett „gebrochener“ Mann. Ich hatte in den letzten zwei Wochen so viel in dieses Rennen investiert, ich wäre auf den Tag in Top Form gewesen und meine Taktik, auf meinen Rhythmus zu vertrauen schien ebenfalls zu greifen. Dass mich am Ende so ein Missgeschick aus dem Rennen wirft, das ist für mich nur schwer zu akzeptieren. Zeit heilt anscheinend Wunden, doch dass ich darüber hinweg kommen werde, sehe ich im Moment noch nicht gerade kommen….

Ich möchte mich an dieser Stelle noch ganz herzlich bei meinen Betreuern (Familie vom Drittplatzierten Dominik Schwaiger) bedanken! Ebenfalls gilt der Dank im Speziellen erneut an meine Sponsoren, insbesondere ETL-GDS, welche dieses Projekt zusätzlich unterstützten und an meine Chancen glaubten. Ich hätte gerne auf einen dritten EM Titel meiner Karriere angestossen!

Nun hoffe ich, dass ich nach diesem Tiefschlag wieder die nötige Kraft und Zuversicht kriege, um mich wieder aufzubauen…….