Rennberichte

Sprintsieg bei der 36ONE Challenge!

Ganz ehrlich, normalerweise habe ich zu jener Uhrzeit, zu welcher ich heute das 36ONE Ultra Rennen im Sprint entscheiden musste Alpträume! Nach 13:26 Std und 361 Km im Sattel kam es um 4.26 Uhr in der Nacht zu einem Dreiersprint um den Sieg, unglaublich!

Doch mal in Ruhe von Vorne…..

Mit viel Selbstvertrauen stand ich gestern um 15 Uhr unter der Nachmittagssonne an der Startlinie in Oudtshoorn. Meine Beine fühlten sich schon nach dem Aufstehen extrem gut an, doch durch die ganze Nervosität und Anspannung konnte ich sie dann beim kurzen Einfahren nicht mehr bewerten.

Das Tempo war nach dem Start noch nicht sehr hoch, denn es gab extrem viel Wind und irgendwie hatten alle grossen Respekt voreinander. Dafür gab es für bereits nach 10 Km die erste Schrecksekunde, denn es zischte plötzlich sehr viel Dichtungsmilch aus meinem Vorderreifen. Zum Glück stopfte dann die Flüssigkeit das Loch (wohl von einem Dornen), doch das hätte es auch bereits sein können. Nach 50 Km im Rennen formte sich dann eine sechsköpfige Spitzengruppe mit allen erwarteten „Drehbuchautoren“. Zwei davon waren mir bestens bekannt (Drikus Coetzee aus Namibia und der Sieger der beiden Vorjahre und Desert Dash Zweiter von 2019 Dusty Day).

Die Strecke war ein stetiges Auf- und Ab über langgezogene Felder und da schlich sich Christiaan Janse Van Rensburg davon. Dusty meinte wir sollten ihn ruhig ziehen lassen und so gewährten wir ihm knappe 2 Minuten Vorsprung. Doch nach zwei weiteren Wellen hatte Dusty selber Probleme und fiel mit einem weiteren Fahrer zurück. So waren nur noch mein Kollege Drikus und der einzige „Schlaumeier“ mit ultra dünnen Reifen und Hardtail Bike bei mir. Letzterer verabschiedete sich kurzerhand mit einem lauten Knall und Reifenschaden in der nächsten Abfahrt. (MTB Rennen sind und bleiben eben MTB Rennen)…..Drikus und ich waren uns schnell einig, dass wir den Entwischten besser schnell wieder einholen sollten und so fuhren wir die Lücke gemeinsam vor der ersten grossen Verpflegung nach 100 Km zu. Leider funktionierte bei dieser überhaupt nichts wie ich mir das vorstellte und so musste ich ohne aufzutanken weiterfahren (ich hatte ja keinen Support und die Boxen mit meinem Zeug waren viel zu weit weg platziert). Zum ganzen Übel zischte es erneut aus meinem Reifen und ich war der Verzweiflung nahe. In diesem Streckenabschnitt wollte ich meine zwei Begleiter unmöglich in der Dunkelheit verlieren. Wir passierten nämlich immer wieder Farmen und die Hunde bellten wie verrückt!Irgendwie schien es nochmals zu dichten doch ich war mir bewusst, dass es ein drittes Mal nicht mehr passieren würde, da ich mit Sicherheit keine Milch mehr im Reifen hatte. Es musste also ein Plan her….

Zu Dritt schossen wir weiter durch die Dunkelheit und die Strecke machte richtig Spass, denn die Schotterstrassen schlugen nicht erst die Hälfte von dem, was ich mir aus Namibia gewohnt bin!Bei der nächsten grossen Verpflegungsstelle nach 180 Km schnappte ich mir bei einem Mechaniker eine ganze kleine Flasche Dichtungsmilch. Einen Schlauch hätte ja eh nichts gebracht und so hätte ich im Notfall einfach aufgefüllt. Das Extragewicht wars mir auf jeden Fall wert!

Der dritte Streckenabschnitt von 180 bis 280 Km sollte der schwierigste sein, denn in der Mitte lag mit dem Roibergpass der längste Anstieg des Tages. 30 Min bergauf und da war es Janse Van Rensburg, der den kompletten Anstieg von vorne fuhr. Ich hatte in jenem Momente schon bessere Zeiten und war einfach nur froh, als wir oben angekommen sind. Im Allgemeinen überhaupt machte der „Unbekannte“ einen unglaublich starken Eindruck, fuhr er bis dahin auch die längsten und schnellsten Ablösungen ….

Die technische Abfahrt mit vielen losen Steinen fuhr ich dann von Vorne, denn mit der einsetzenden Müdigkeit war es wichtig, voll im Rennmodus und somit voll konzentriert zu sein. Am sichersten fährt man eigentlich stets wenn man Vollgas fährt. Überhaupt war während den 13.5 Std jede Sekunde volle Konzentration gefragt und das ist genau das Kunststück bei solchen Rennen. Jeder kleinste Stein kann falsch an- und überfahren das Ende des Rennens sein!Zum Glück kamen wir alle ganz unten an und nun standen ein paar flache Km bis zum nächsten Checkpoint bei 280 Km an. Für mich war bereits da klar, dass der Ausgang des Rennens (ohne Defekte) im Sprint entschieden würde. Zwar ging es noch einmal während den nächsten 35 Km stetig bergauf, doch wegfahren hätte hier nichts mehr gebracht. Auf den letzten 25 Km hätte man alleine gegen Zwei keine Chance gehabt und so legte keiner seine Karten auf den Tisch. Ich freute mich sogar richtig auf den Sprint denn ich war mir sicher, dass ich diesen gewinnen werde.

Ich hatte mir in den letzten 3 Tagen mehrmals den letzten Km angeschaut. Ich wusste genau wo und wie ich meine Attacke setzen musste und war mir sicher, dass es klappen würde! Am Ende gewinnt meistens der, der es am meisten will! Die letzten 45 Km waren mir dann ebenfalls vertraut, da ich diese vor zwei Tagen noch abgefahren bin. Dies ist für mich jeweils extrem wichtig für den Kopf um zu wissen, was noch auf mich zukommt. Wenn man schon den weiten Weg und den gesamten Aufwand auf sich nimmt um nach Südafrika zu reisen, dann sollte man auch das Maximum daraus machen. Ein Aufwand, der sich auch durch meine Erfahrung am Ende auszahlte, denn ich fuhr meinen Sprint genaus so, wie ich mir das die letzten 40 Km lang einredete!

Dass am Ende gleich drei Fahrer den bestehenden Streckenrekord um fast eine halbe Stunde unterboten zeigt die Qualität des heutigen Rennens deutlich. Ich hätte mich zwar auch über meinen Freund Drikus gefreut, doch nach 13.5 Std Schinderei gibt es keine Geschenke! Mit seinem dritten Rang und seiner heutigen Fahrweise hat er aber allemal grössten Respekt verdient! Dies gilt natürlich auch für Janse Van Rensburg, der am Ende Rang 2 belegte.

Durch die abwechslungsreiche Strecke war es am Ende irgendwie ein sehr kurzweiliges Rennen, welches mir mental sehr viel leichter fiel als beispielsweise der Desert Dash! Hier geht es nie so elend lange geradeaus wie in Namibia und die Gegend wäre sicher auch bei Tag eine Tour wert, haha…..Nach 6 Siegen beim Dash und 3 Siegen an der Salzkammergut Trophy konnte ich einen weiteren tollen Erfolg über eine Ultra Distanz hinzufügen. Doch auch diesmal musste ich mir den Sieg extrem hart erkämpfen und es gehört auch immer ein wenig Glück dazu. Trotzdem kann ich sagen, dass man mit einer seriösen Vorbereitung und einer entsprechenden Fahrweise (Risikobereitschaft) halt für den Unterschied sorgen kann.

Was mich jedoch bei solchen Events immer wieder beeindruckt ist die Art und Weise, wie ich meinen Körper und Geist belasten kann!

Mittlerweilen bin ich schon 2.5 Std im Ziel und der Bericht ist auch schon fertig. Schlafen geht nach so einer Belastung sowieso nicht und es wird ein paar Stunden dauern, bis ich das Ganze verarbeitet habe. Tja… nicht nur das Rennen dauert etwas länger, auch die Erholung und alles was dazu gehört….Für mich geht es am Montag weiter nach Pretoria, wo ich am kommenden Samstag noch ein 70 Km Marathon fahren werde, ehe ich noch am selben Abend zurück in die Schweiz fliege.

An dieser Stelle möchte ich noch einen besonderen Dank an meinen Privatsponsor ETL-GDS aussprechen, der mir die ganze Reise ermöglicht hat!

Bis bald!