Langes Rennen, lange Geschichte, viel Spass beim Lesen!
5ter Sieg in Serie beim Desert Dash in Namibia, klingt doch richtig gut oder?! Trotzdem, auch als Favorit muss ein Rennen über 373 Km zuerst einmal ins Ziel gefahren werden! Insgesamt habe ich nun bei meinen 5 Rennen über 1850 Km und ca. 72 Std. oder halt 3 volle Tage auf der Strecke zwischen Windhoek und Swakopmund in der Namib Wüste verbracht! 72 Std. lang volle Konzentration, keine Defekte, keine Stürze , taktisch korrekte Entscheidungen und ein 100% funktionstüchtiger Körper waren die Voraussetzungen für dieses Gelingen. Die Geschichte des Rennens wurde bei jeder Austragung komplett neu geschrieben und selbst wenn mir der heutige Dash am einfachsten fiel, war es am Ende mit Abstand der spannendste und knappste Sieg von allen.
Die Umstände des Rennens waren sehr speziell, denn zum einen hatte es zu Beginn geregnet und zum anderen wurden die Solofahrer zum ersten Mal alleine, mit 30 Min Abstand auf die 2er & 4er Teams los geschickt!
Als ich vor gut einer Woche in Windhoek gelandet bin, da traf ich auf eine Landschaft, die ich zu diesem Zeitpunkt noch nie so gesehen hatte! Das Land war gezeichnet von der Dürre, die Büsche braun und totgebrannt, kein einziger Grashalm mehr am Boden und die Tiere bis auf die Rippen abgemagert oder gar tot am Strassenrand! Doch dann geschah etwas, was ich bei all meinen Besuchen hier ebenfalls noch nie erlebt hatte, es regnete vom Mittwoch an ununterbrochen und ich verzichtetet sogar auf den «Warmup», weil ich nicht im Regen fahren wollte (Warmduscher). Als es dann gestern um 14.30 Uhr los ging, da hatte ich beinahe einen Wutausbruch, denn die Regenwolken hingen noch immer über der Stadt und jetzt sollte ich tatsächlich erneut dieses Jahr ein Rennen im Regen fahren?! Was denken sich wohl alle Europäer, die zum ersten Mal im Land der Sonne fahren?
Rückblickend war der Regen ein richtiger «Segen» für uns, denn durch die kühlen Temperaturen überhitzte sicherlich niemand beim ersten Anstieg hinauf zum Kupferbergpass und dies war auch für meinen späteren Rennverlauf entscheidend. Da wir dieses Mal ohne die Teams starteten, hatten wir keinerlei Stress, um mit dabei zu bleiben und so schlug ich ein für mich zügiges, aber doch komfortables Tempo an. Als wir nach 30 Km oben ankamen, da waren wir nur noch 4 Fahrer übrig. Der Regen peitschte über die Schotterstrasse und der Wind blies von allen Seiten. Doch zum Glück war ein Ende der Wolke in Sicht und so wurde die Strasse bald einmal trocken und der Regen stellte sich ein. Leider waren wir dann bald einmal nur noch zu Dritt unterwegs und nun hiess es, gut zusammen zu arbeiten. Doch wie sollten wir fahren? So schnell, dass uns die Teams von hinten möglichst lange nicht einholten oder kräftesparend und dann wie in der Vergangenheit einfach dran bleiben, wenn die «frischen» Fahrer zu ihren Etappen starteten.
Bis 100 Km blieben wir zu Dritt zusammen, doch beim nächsten längeren Anstieg fiel erneut einer ab und da waren nur noch der Südafrikaner Dusty und ich übrig. Jetzt folgte ein ständiges Auf und Ab und der Wind bliess direkt von Vorne und zwar richtig stark! So ein Mist, denn dies bedeutete sehr viel Arbeit für uns und anders als in den Vorjahren konnte ich nun keine Vorentscheidung herbeiführen, denn wäre ich alleine weggefahren, dann hätte sich mein Begleiter dem von hinten anbrausenden 4er Team anschliessen und wieder zu mir aufgeschliessen können. So fuhren wir ein angenehmes Tempo weiter, bis nach 135 Km endlich die Spitze der 4er Teams zu uns aufschloss. Doch es war nur ein Team vorne und somit nur ein Fahrer, doch mit Alex Miller war es der aufstrebende U23 Cross Countryfahrer Namibias und der hatte mächtig Zug drauf. Wir mussten natürlich beide keinerlei Führungsarbeit verrichten, da wir ja nicht gegen die Teams fuhren. Jetzt war auch meine Chance, meinen Begleiter abzuschütteln und so zog ich zweimal über eine Welle voll drüber in der Hoffnung, dass dieser abfallen und Alex bei mir bleiben würde. Doch da passierte nichts, Dusty machte einen souveränen Eindruck und so kamen wir zu Dritt zum «halfway point» bei 180 Km!
Jetzt musste der Wechsel aber super schnell gehen, denn während wir Solofahrer zum ersten Mal Hilfe von unseren Betreuern annehmen und unsere Tasche auffüllen konnten, übergab das 4er Team auf den nächsten Fahrer und der zischte in die Dunkelheit davon. Diesmal ging mein Wechsel total schief, denn ich hatte Probleme um die Lampe zu wechseln und somit war der Windschatten anders als in den Vorjahren, wo ich bis zum Ende beim ersten Team geblieben bin, weg. Somit waren wir wieder zu Zweit unterwegs und ich muss sagen, dass ich es auch sehr viel fairer fand, denn so fuhren wir ein Rennen gegen uns aus. Der einzige Nachteil war nur, dass wir somit natürlich viel mehr «arbeiten» und gegen den Wind fahren mussten. Auf der anderen Seite fuhren wir so erneut nicht Anschlag, konnten uns in Ruhe verpflegen und hatten überhaupt keinen Stress. Vor einem Jahr plagten mich genau deswegen kaum auszuhaltende Magenkrämpfe und diese blieben heute komplett aus. Ich ernährte mich bis 320 Km ausschliesslich von Riegeln und Iso und griff erst danach zu Cola & Gels. Ich nahm sogar mein Garmin weg vom Lenker und legte es in die Trikottasche. So konnte ich ganz ohne Stress und ohne «Kilometer runterzählen» durch die Nacht fahren.
Das einzige Problem war mein Begleiter, denn dieser schien extrem stark zu sein, fuhr ohne geringste Anzeichen von Schwächen seine Ablösungen und schien bei seiner ersten Teilnahme überhaupt keine Probleme mit der Distanz zu haben. Nach 300 gefahrenen Kilometer schloss endlich das nächste 4er Team zu uns auf und so konnten wir uns im Windschatten bis zum nächsten Wechsel bei 330 Km «ausruhen». Die nächsten 25 Km sollten nun die Entscheidung herbeiführen, denn die Strecke führte durch den teilweise dicken Sand von Coanie Contest. Die Mondlandschaft wäre bei Licht sicherlich extrem schön, doch ich hatte andere Sorgen! Nach dem Wechsel musste ich nämlich für einen Pipi Stopp anhalten (es war der 8te!!) und jedes Mal musste ich die Lücke wieder zufahren. Doch diesmal war nun mein Konkurrent im Vorteil, denn er hatte sich dem 4er Team angehängt und eilte in die Dunkelheit davon. Beim Dash müssen nämlich die letzten 50 Km alle gemeinsam absolvieren, dass heisst, dass alle Teams mit ihren 4 oder 2 Fahrern die letzte Etappe zusammen bis ins Ziel fahren.
Jetzt war ich gefordert, denn ich musste nun das erste Mal richtig Gas geben. Doch kurz bevor ich beim ersten längeren Anstieg wieder dran war sah ich, dass am Ende der 5 Fahrer einer abfiel. Es war Dusty mein Konkurrent und so wartete ich kurz, bis die Lücke nach vorne da war. Dann zog ich volle Hacke an ihm vorbei, überholte alle Fahrer des 4er Teams und hämmerte die nächsten 20 Km bis zum Ende der Mondlandschaft in die Pedalen. Das sollte es gewesen sein, denn beim nächsten Checkpoint war hinter mir und meinen 4 Begleitern des 4er Teams kein Licht mehr zu sehen und so hing ich mich die nächsten 20 Km in den Windschatten der anderen. Gemeinsam flogen wir nach Swakop, doch da passierte 10 Km vor dem Ziel tatsächlich noch ein Missgeschick. Wir verpassten einen Abzweiger sprich, ich hatte ihn gesehen doch die anderen meinten es würde erst nach 1 Km abdrehen. So fuhr ich mit ihnen weiter, doch da waren dann bei der nächsten Kreuzung keine Pfeiler mehr zu sehen und wir sind falsch gefahren! So ein Mist! Während die 4 Fahrer anhielten und diskutierten, drehte ich sofort um und fuhr bis zur Markierung zurück. Nun war ich für die letzten 8 Km alleine und ich wusste nicht, ob mein Konkurrent bereits vorbei war oder nicht.
Was für ein (sorry) Scheissgefühl war das denn! Auch das übliche Kameramotorrad blieb aus und so fuhr ich kurz vor 5 Uhr morgens in der Dunkelheit über den Zielstrich ohne zu wissen, ob ich gewonnen hatte! Der Speaker schien nämlich auch noch zu schlafen und erst durch die Reaktionen der geschätzten 20 Journalisten und Kamerateams war mir klar, dass ich es geschafft habe! Was für ein schöner Renntag und was für ein spannendes Rennen! Ich war mir lange Zeit nicht sicher, ob ich heute nicht doch einen Meister gefunden habe, der mich bezwingen würde und ich wurde während 14.5 Stunden ganz schön gefordert!
Das Schönste kommt zum Schluss! Nach meiner Zieleinfahrt fuhren mich meine Betreuer in die Wohnung und nach einer warmen Dusche ging’s direkt zurück zum Ziel, denn da fuhr meine Freundin bei ihrer ersten Teilnahme ebenfalls zum Sieg! Ein Doppelerfolg und ein Kunststück, dass ich ihr fast nicht zugetraut hatte und mich extrem stolz macht! Solch ein Erfolg ist das Resultat einer gemeinsamen Leidenschaft für den Sport, eines Lebensstils, für welchen wir im Moment alles unterordnen und genau solche Tage entschädigen doch für Einiges! Ich freue mich heute mehr über den Sieg von Vera als über meinen Eigenen, da ich einfach nur den Hut vor ihrer Leistung und ihrem Willen ziehe! (das mache ich natürlich vor jedem, der den Dash zu Ende fährt!)
Jetzt werden wir uns heute einen grossen Burger gönnen und auf eine erfolgreiche Reise nach Namibia anstossen! Nicht nur das Rennen war ein Erfolg, wir konnten auch sämtliche Vorkehrungen für unsere Hochzeit im Februar abschliessen!
Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei meinen Betreuern Hanspeter & Bärbel sowie Vera’s Eltern für die Unterstützung bedanken! Nicht nur ich hatte eine harte Nacht hinter mir und auch sie haben sich den Burger im Strandcafe verdient!
Ende der Geschichte!