Rennberichte

Aus der Balance, oder ein wenig „Overreached“!

Was waren das denn für vergangene zwei Wochen!? Würde ich einem jungen Athleten die Schattenseiten des Spitzensportes aufzeigen wollen, dann wären die letzten paar Tage wohl die beste „Schnupperlehre“ dazu gewesen! Nachdem ich aus Belgien zurück war, ging einfach gar nichts mehr. Es ist wohl sehr lange her, dass ich mich dermassen ausgelaugt und leer gefühlt habe! Jeden Morgen wachte ich auf, als hätte ich am Vortag ein mehrstündiges Rennen gefahren! Die Woche nach Belgien fuhr ich in 5 Tagen gerade mal 2 Std. Fahrrad, mehr ging nicht! Dazu das schlechte Wetter, welches gehörig auf die Stimmung drückte!

Ich gab mir fast eine Woche Zeit und versuchte, die Situation zu akzeptieren und nach den Ursachen zu suchen. Neben der körperlichen Müdigkeit wollte ich auch endlich die neu aufkommenden Probleme mit meinem rechten Bein eruieren und eine Lösung dazu finden. Ich verbrachte also sehr viel Zeit mit mir selber und setzte mich mit mir auseinander. Ich versuchte eine Analyse zu machen von den letzten Wochen / Monaten. Was lief schief, wo hatte ich überzogen, was sind die Ursachen für meine „Schwäche“? Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten, denn es können so viele Gründe sein! (Die meisten habe ich aber herausgefunden!)

Am letzten Samstag fand dann die Kreuzegg Classic statt. Ein Event, bei welchem ich schon sehr oft teilgenommen habe, da ich es in eine Trainingsausfahrt einbauen kann. Manchmal ist es so, dass man bei intensiver Erholung den Organismus des „Hochleistungsapparates“ zu stark herunterfährt und damit fällt das System regelrecht zusammen. Bei einer intensiven Belastung könnte man dem Müdigkeitsgefühl entgegen wirken und das System wieder hinauffahren. Entweder war ich komplett hinüber oder es würde nach der Belastung wieder besser. Bis zu einem gewissen Tempo fühlte ich mich dann gar nicht mal so schlecht, doch ich merkte auch, dass ich die Spitzen noch nicht fahren konnte. Vor allem mental konnte ich einfach das Gefühl der brennenden Beine nicht ertragen. Zu fest hatte ich in Belgien gelitten. So kam es, dass ich am Ende bei der letzten Welle vor dem Ziel raus nahm und auf Rang 2 ins Ziel fuhr. Klar, so ein Rennen müsste ich eigentlich gewinnen, doch für mich stimmte es und ich gönnte Sven Olivetti den Sieg, da er stark gefahren ist!

Da das Befinden auch die Tage danach nicht wirklich besser wurde, unternahm ich noch medizinische Checks. Am letzten Donnerstag bekam ich nun die Resultate und zum Glück sind alle Blutwerte i.O. Auch die Beschwerden des rechten Beines konnte ich beim Sportarzt diagnostizieren und ich werde nun etwas Arbeit haben, um die Probleme in den Griff zu kriegen. So wie es aussieht bin ich auch nicht in einem Übertraining, der Fachbegriff ist eher ein „Overreach“ in allen Belangen. Viel spielt sich dabei im Kopf ab und mein Schwerpunkt der kommenden Zeit liegt nicht im Training, sondern vielmehr beim Aufbau der mentalen Stärke. Körperlich bin ich wohl nochmals mit einem blauen Auge davon gekommen.
Bereits nach dem Cape Epic und die Wochen im April hatte ich immer wieder „schlechte“ Phasen, in welchen ich mich etwas ausgelaugt fühlte. Doch beim Rennen in Houffalize vor drei Wochen passte nochmals alles zusammen. Ich hatte da bereits am Samstag nach dem Einfahren zu meinem Vater gesagt, dass ich das Rennen gewinnen werde, da ich mich so gut gefühlt habe. Ich war dermassen motiviert, dass ich sogar die krassen Wetterbedingungen während dem Rennen weg gesteckt hatte und mich komplett verausgaben konnte! Doch leider hatte ich mich danach nicht genügend erholt und rückblickend hätte ich nach Hause reisen und das 4 Tagesrennen absagen müssen. Aber eben, hätte wenn und Aber gibt’s ja nicht und ich habe wieder einmal dazu gelernt.

Ich hatte nun am Donnerstag das Training wieder aufgenommen und es lief schon sehr viel besser! Auch das Wetter wurde endlich besser & die Freude auf dem Rad ist zurückgekehrt. Was mich noch etwas stresst ist die Tatsache, dass ich im Hinblick auf die bevorstehenden Marathonrennen in der Schweiz wertvolle Trainings verloren habe. Vor einem Jahr waren die Bedingungen perfekt und ich konnte extrem viel trainieren. Dieses Jahr sehe ich mich nun in einer völlig anderen Situation und ich muss schauen, dass ich mich aus der „Schlinge“ befreien kann. Doch genau dies ist die Challenge und ich bin sicher, dass ich es wieder gerade biegen werde!

Heute Nachmittag werde ich nun trotz allem beim EKZ Cup in Wetzikon starten. Nicht als Rennen, sondern als Training und ich werde jeden Ausgang des Rennens so akzeptieren, wie es am Ende kommen wird. Wichtig ist für mich, dass ich wieder Freude am „Beissen“ kriege und dies wird am einfachsten der Fall, wenn es bei einem Rennen gut laufen wird. Es könnte natürlich auch wieder in die andere Richtung, doch dieses Risiko gehe ich heute ein.