Rennberichte

Schweizer Meister 2017!

Ab heute bin ich Schweizer Meister im Marathon, ein Traum geht in Erfüllung! Nach dem Transalp Gesamtsieg von 2011 egalisierte ich meinen bisher grössten und vor allem für mich persönlich wichtigsten Sieg meiner Karriere! Ein Sieg mit Folgen, denn nun darf ich bis zur nächsten Meisterschaft mit dem Trikot des Landesmeisters sämtliche Wettkämpfe meiner Sportart bestreiten! Es ist eine riesige Ehre und ich werde Alles daran setzen, mein geliebter Sport bestmöglich zu vertreten!

Die Emotionen waren nach dem Titelgewinn durchzogen, da es für mich eine sehr schwierige Woche war und der Titel am Ende doch eher eine Überraschung war. Doch im Sport gibt es sie eben doch, die mythischen Tage „X“, an welchen einfach Alles zusammenpasst! Die Strecke, die Temperaturen, die Tagesform, das Wetter, die Verpflegung und der Rennverlauf…. Alles hat heute gepasst und für mich gestimmt!

Noch vor 7 Tagen erlebte ich beim Grand Raid eine Fahrt durch die Hölle und ich stand vor vielen offenen Fragen! Viel Zeit zum Nachdenken liess ich mir jedoch nicht, ich wollte handeln und der Ursache auf den Grund gehen. So sass ich bereits am Montag wieder auf dem Behandlungstisch meines Chiropraktiers und Osteopathen. Dies war dann auch am Dienstag & Mittwoch der Fall und dazu kamen Massagen. Das Schlimmste kam dann allerdings am Donnerstag, denn dann verbrachte ich den Vormittag im Spital Hirslanden in Zürich und machte bei einem MRI genauere Abklärungen mit meinem Bein. Die Diagnose beim Arzt war ernüchternd und somit war ich am Tiefpunkt angelangt. Durch die Vernarbung meiner operierten Arterie gab es erneut eine kleine Verengung und vor allem der Knick im Becken liegt einfach so ungünstig bei mir, dass es unter Vollbelastung zu wenig Blut ins Bein pumpt und der Muskel somit irgendwann „verreckt“, da er zu wenig Sauerstoff bekommt. Ich hätte allerdings die Möglichkeit, nochmals einen Eingriff zu versuchen, sofern ich meine Karriere auf dem höchsten Niveau unter diesen Belastungen fortsetzen möchte!

Trotz des moralischen Tiefpunkts sammelte ich mich am Freitag wieder und reiste nach Scuol! Schliesslich wollte ich es nochmals versuchen! Ich fühlte mich sehr, als ich um 7.17 Uhr an der Startlinie inmitten von Scuol stand und war bereit für die 138 Km & 4‘040 Höhenmeter rund um den Schweizer Nationalpark! Da die Meisterschaft im Rahmen des Nationalpark Marathons ausgetragen wurden, stellten sich noch ein paar starke Ausländer dazu! Mein Ziel war klar, ich wollte mich möglichst lange zurückhalten und das Bein nie bis zum Maximum belasten damit ich nicht in den Bereich fahre, wo es zu wenig Blut geben könnte, sprich nie ans Limit!

Der erste Anstieg wurde dann nicht sehr schnell gefahren und anschliessend ging es zuerst einmal leicht steigend das Tal hinter bis S-Charl. Das Tempo fiel komplett zusammen, da keiner unnötig Energie verschwenden wollte, bis mein Teamkollege Oliver Zurbrügg die Initiative ergriff und eine Attacke setzte. Keiner reagierte und sofort verschwand Oli aus unserem Blickfeld. 120 Km vor dem Ziel eine Solo-Attacke zu setzen braucht ganz schön Mut und Selbstvertrauen! Rasch wurden uns dann 2 Minuten gemeldet, doch ich war nun in der komfortablen Situation, dass ich keine Nachführarbeit verrichten musste, ebenso meine beiden anderen Teamkollegen Stauffer & Huguenin. Irgendwann reagierten dann Chenaux & Stutzmann und so erreichten wir dann doch noch den ersten Pass. Die Abfahrt ins Münstertal war dann schnell und im folgenden Anstieg hinauf ins Val Mora wurde dann doch noch Rennen gefahren! Unsere Verfolgergruppe schrumpfte unter der Tempoverschärfung von Chenaux & Kaufmann und somit auch unser Rückstand zu Oli. Neben den genannten waren auch noch Stauffer, der Italiener Porro (Sieger vom Grand Raid), Stutzmann sowie die Deutschen Käss & Weber mit dabei.

Da durchs Val Mora wieder etwas getrödelt wurde, lag Oli beim Anstieg zur Alpisella immer noch alleine vorne! Doch nun reagierte Kaufmann ziemlich konsequent und so kam es kurz vor der Abfahrt nach Livigno zum Zusammenschluss. Mitfavorit Chenaux erlitt in der Abfahrt Defekt und somit waren wir nur noch 4 Schweizer an der Spitze, davon 3 aus dem BiXS Team! Nach einer kurzen Verschnaufpause durch Livigno erreichten wir das Haupthindernis des Tages, den Chaschaunapass, welchen Livigno (Italien) mit dem Schweizer Engadin verbindet!  Ein unglaubliches Monster, da sich die lose Schotterstrasse während 3.8 Km & 651 Hm mit 17 % im Schnitt!! hinauf schlängelt!

Stauffer verschärfte gleich bei der Einfahrt das Tempo, doch er kam nicht weg und so war es erneut Kaufmann, welcher übernahm. Ich setzte mich an sein Hinterrad und nach kurzer Zeit waren nur noch Porro & Käss sowie Stauffer mit dabei. Ich fühlte mich immer noch gut, doch hatte einfach Angst, dass mein Bein wieder zu machen würde, wenn ich dem Tempo zu lange folgen würde. Somit wollte ich mich voll und ganz auf den Schweizer Meister Titel konzentrieren und nicht mehr über den Ausgang des Rennens! Da Stauffer dann Probleme hatte, die Hinterräder von den 3 „Ausländer“ zu halten, blieb ich trotzdem bei ihm und setzte nicht mit der Brechstange den anderen nach. Ich kam somit das erste Mal seit 10 Austragungen ohne Probleme über den „Angstberg“ und so konnte ich die Abfahrt mit leichtem Vorsprung auf Stauffer kontrolliert und sicher angehen. Zurück im Engadin waren wir dann wieder zu Zweit und es war klar, dass wir nun einfach möglichst schnell die nächsten 20 Km über die schnelle Fläche durchs Unterengadin von S-Chanf bis Lavin hinter uns legen müssen.

Obwohl ich am Chaschauna ein paar Körner gespart hatte, wollte ich auch weiterhin nicht mit letztem Einsatz Druck machen und auch Stauffer fuhr eher verhalten. So kam es, dass uns Oli & Stutzmann kurz nach Zernez wieder einholten. Dies war mir jedoch egal, da ich mir einen Plan zurechtgelegt hatte und nur noch darauf warten musste, diesen umzusetzen!  Zudem musste ich wesentlich weniger Energie investieren, als Oli & Stutzmann und wenn man jemand einmal abhängen kann, dann kann man es in der Regel auch ein zweites Mal ……

Nach Lavin stieg die Strasse dann zum letzten Mal etwas länger an und als wir schliesslich die Ortschaft Guarda erreichten, war es soweit. Gleich nach dem Abbiegen auf die Teerstrasse platzierte ich eine Attacke mit allem was ich hatte und sofort hatte ich ein paar Meter. Trotzdem war es Stutzmann, welcher nicht locker liess und so blieb der Abstand bei gut 100 Meter. Von Guarda sind es noch gut 10 Km bis ins Ziel und es folgten nochmals 2 kurze giftige Anstiege. Auch nach der ersten war der Abstand immer noch gering, doch ich wusste, dass es nur noch einen Weg geben würde und irgendwann der mentale Hammer und somit die Kapitulation kommen würde. Entweder von meinem Verfolger oder von mir. Doch da ich diesen Titel so unbedingt wollte und er nun wirlkich greifbar war, gab es kein Zurück mehr und ich mobilisierte nochmals alle Kräfte! Als ich dann endlich Ftan und somit den Einstieg in die letzte Abfahrt erreichte, hatte ich einen guten Abstand und es war klar, dass ich meinen ersten Titel als Schweizer Meister feiern würde!

Ich hatte mir das Rennen perfekt eingeteilt, hatte immer die richtigen Entscheidungen getroffen und ging somit meinem Problem aus dem Weg. Dass Rennen um den Schweizer Meistertitel war trotz ausländischer Konkurrenz sehr fair, da wir es am Ende unter uns Schweizer ausfuhren.

Grosse Siege sind nur möglich, wenn das Umfeld passt, die Betreuung stimmt und die Unterstützung der Sponsoren, der Familie & Freundin da ist! Der Schweizermeister Titel ist das Resultat aus harter Arbeit, Kompromissen, Verzichten und Hingabe für eine Leidenschaft! Ich habe lange und viel dafür gearbeitet und mein Umfeld hat mich bei sämtlichen Höhen & Tiefen unterstützt! Der Titel gehört nicht nur mir!, sondern auch meinem Team!

Danke!

Nun werde ich die ganzen Geschehnisse zuerst ein wenig setzen lassen und mir Zeit geben, um mich von den 3 sehr kräftezehrenden Rennwochenenden zu erholen. Dabei werde ich sicherlich auch Entscheidungen treffen müssen, wie es weiter geht und ob ich nochmals einen Eingriff machen werde, wann dieser sein würde usw. usw……

Der nächste Renneinsatz wird in 2 Wochen bei der O-Tour sein! Bis jetzt hatte ich eine sehr gute Saison und alles was jetzt noch kommt, ist für mich Zugabe!

Stay tuned!