Rennberichte

Sieg beim TransVesubienne Enduro-Marathon, Rang 2 in der Gesamtwertung des Utra-TransVesubienne!

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Es ist einfach schon cool, dass ich nach 16 Jahren Mountainbike Rennsport doch immer wieder neue Grenzerfahrungen machen kann. Dieses Wochenende werde ich bestimmt noch lange in Erinnerung behalten. Bereits nach dem Cape Epic hatte mich Christoph Sauser auf das Enduro Rennen in Frankreich angesprochen und mich gefragt ob ich nicht auch mitkommen möchte. Wieso eigentlich nicht dachte ich und so buchte ich kurzerhand die Flüge, ohne mich gross über das Rennen zu informieren. Da es beim Enduro ziemlich grob zur Sache geht, dachte ich an mein 140mm Federweg Bike, doch als ich neulich bei meinem Ausrüster Intercycle war, bekam ich den Rat, dass ein 120mm Bike reichen würde, da in den 2 Tagen doch auch 5‘500 Hm zu überwinden waren.

Am vergangenen Dienstag erhielt ich das brandneue Bike, ein allererster Prototyp der 2017er Bikes! Mit dem Rennen selbst hatte ich mich nicht gross auseinander gesetzt, ich hatte einzig kurz mit „Susi“ telefoniert damit ich wusste was ich alles mitnehmen muss und viel Zeit um mich ans neue Bike zu gewöhnen (genau 1 Tag) blieb mir auch nicht. So flogen wir am Donnerstagabend nach Nizza.
Am Freitag blieb dann der ganze Tag Zeit, um noch Teile der Strecke anzuschauen und so shuttelte uns Mechaniker Nico auf den Madonne d’Utelle. Von da konnten wir die letzten 30 Km der Total 68 Km des Rennens abfahren. Die Aussicht vom Startpunkt war schlicht gigantisch, doch die Freude war bei mir von kurzer Dauer, da ich bereits nach den ersten 50 Metern kopfüber den Lenker Flog. Es war einfach ein Wunder, dass ich mich nicht verletzt hatte, denn es waren nur Felsen und spitzige Steine. Na das fängt ja gut an dachte ich mir und so war die Sicherheit und Freude schon nach wenigen Sekunden auf dem Tiefpunkt. Die folgenden 1000 Höhenmeter den Berg runter waren für mich einfach nur absolutes Limit was ich noch fahren kann. Wenn man nach so einer Abfahrt mit einem 14er Schnitt ankommt, dann sagt das eigentlich Alles aus!! Irgendwie brachte ich dann die 3,5 Std. auch rum und ich war froh, dass wir so viel besichtigt haben, so erhielt ich einen Eindruck auf das, was mich erwarten würde!

Dieses Jahr wurde das Rennen neu in zwei Tage aufgeteilt und während am Sonntag immer noch die Klassische Ultra Strecke und das Rennen wie ein normaler Marathon von A nach B führte, gab es in der Samstagsetappe zwei Teilstrecken, bei denen die Zeit gemessen wurde. Der Start erfolgte direkt an der Meerespromenade von Nizza und alle 3 Minuten wurden 12 Fahrer gemeinsam los geschickt. Das erste Segment folgte nach 18 Km und 750 Hm, doch da es bis da keine Zeit gab, konnte man gemütlich den Berg hinauf fahren. Der erste Abschnitt war mit 8 Km relativ kurz und mit nur 65 Hm bergauf und 640 Hm bergab perfekt für die guten Techniker. Ich hatte mehrere Male richtig Schiss und war absolut am Limit meiner Fähigkeiten, trotzdem kam ich auf eine anständige Zeit. Nach der ersten Teiletappe konnte ich auf Kollege Sauser warten, da er in der Elektro Bike Kategorie etwas nach mit startete. Nach einem kurzen Kaffeestopp mussten wir die nächsten 20 Km und knapp 1300 Hm vernichten. Während die anderen es gemütlich nahmen, fuhr ich mit Susi (er auf dem E-Bike) den Anstieg hoch und so hatte ich eine ganz anständige Vorbelastung, hehe!

Das zweite Teilsegment war dann mit 15 Km etwas länger und brachte mit 250 Hm bergauf und 820 Hm bergab auch etwas für meine Fähigkeiten mit sich. Ich kam erneut als 5 Schnellster durch, trotzdem verlor ich einiges an Zeit auf den Sieger der beiden Teilstücke. Die letzten 8 Km ins Ziel waren dann wieder neutral und so erreichte ich nach knapp 4,5 Std. und 67 Km (2500 Hm bergauf / 1900 Hm bergab) im Sattel das kleine Bergdörfchen Roquebilière. Der Wettergott liess kurz vor dem Ende noch ein gehöriges Gewitter ins Tal knallen und so fiel das Finale komplett ins Wasser!
Wir fuhren nach dem Ziel direkt ein Dörfchen weiter in unser Hotel und so hatte ich überhaupt keinen Überblick, wo ich in der Wertung stand. Für das erste Segment brauchte ich knapp 21 und für das zweite 45 Minuten. Für die Endabrechnung werden alle 3 Zeiten zusammen gezählt und so hatte ich sicherlich ein kleines Handicap vor dem Marathonrennen am Sonntag.

Da erlebte ich erneut ein Schrecken, denn mein Hotelier hatte mein Bike eingeschlossen und war um 6 Uhr morgens nicht da. Frühstück gab‘s dann auch keins und so musste ich die alte Holztüre selber aufdrücken um ans Bike zu kommen und ein Riegel musste als Frühstück reichen. Zum Glück gab es gleich neben dem Start noch ein Restaurant und so half mir ein Doppelter Espresso, um doch noch in die Gänge zu kommen. Der Adrenalinspiegel war jedoch auch schon so auf dem Höchststand! Um 7,15 Uhr wurden wir los gejagt. Als erstes gleich mal die Skipiste hinunter und dann eine andere wieder hinauf. Es war so steil, dass ich mit dem 34 er Kettenblatt komplett am Anschlag war. Trotzdem konnte ich mich mit zwei weiteren Fahrern absetzen und den mehrfachen Sieger der letzten Jahre abschütteln. Die ersten 15 Km führten nämlich fast ausschliesslich bergauf und so fuhren wir geschätzte 3 Minuten Vorsprung raus. Die folgende erste Abfahrt war dann durch das starke Gewitter am Samstagnachmittag extrem rutschig und technisch super anspruchsvoll. Leider verfehlten wir einen Pfeil und so war die getane Arbeit für Nichts, denn bis wir wieder auf der Strecke waren verloren wir den ganzen Vorsprung und so lag ich erstmal auf dem 7ten Rang. Sch…. dachte ich mir zuerst, doch als ich in die Abfahrt auf dem Gratrücken des ersten Berges stach, war mir das Resultat ehrlich gesagt egal! Ich wollte einfach nur in einem Stück da runter kommen und mir nichts brechen oder mich verletzen, wie schnell war mir egal! So verlor ich natürlich einiges an Zeit doch ich war mir auch bewusst, dass jeder die 68 Km und 2900 Hm bergauf und 4500 Hm bergab auch erstmal schaffen muss und es bis ins Ziel noch ein weiter weg war.

Im Folgenden extrem steilen und oftmals nicht fahrbaren Anstieg konnte ich mich bis auf den 3ten Rang vorarbeiten, doch danach stand die lange Abfahrt bevor, die ich ja am Freitag besichtigt hatte. Der 4te sass mir die ganze Zeit im Nacken und war wesentlich schneller im Downhill, doch sein Übermut kostete ihn zweimal den Anschluss, da er sich beide Male neben die Strecke verabschiedete. Ich versuchte ruhig zu bleiben und kontrolliert ins Tal zu donnern, möglichst ohne Defekt und dies gelang mir perfekt. Nun kam der längste Anstieg des Tages. Technisch extrem anspruchsvoll und super steil. In diesem Abschnitt musste ich Zeit gut machen und siehe da, plötzlich sah ich den Zweiten vor mir. Er musste sehr viel schieben, da ihm offensichtlich die Kraft ausging. Obwohl mein Bein bei Maximalbelastung erneut zu machte, waren bei diesem Rennen konstante Werte und vor allem viel Kraft gefragt. Da machte ich das technische Handicap wett und so schmolz mein Rückstand auf den Leader von maximal 5 Minuten mehr und mehr!

Die letzten zwei Anstiege waren nochmals so richtig steil und plötzlich sah ich den Führenden vor mir. Ich gab nochmals Alles und exakt auf der Kuppe vor dem finalen Downhill war ich an ihm dran und stach als erster in die Schlussabfahrt. Es dauerte leider nicht lange und schon schoss er wieder an mir vorbei. Jetzt dachte ich nicht mehr an die Folgen eines Sturzes, nein, jetzt wollte ich auch nur noch den Sieg ich hielt einfach nur noch den Lenker so fest ich konnte und so war es eine Frage der Zeit, bis einer von uns den ersten Fehler machen würde. Hier profitierte ich sicher aus den Fähigkeiten des Marathon-Fahrers und da mein Kollege körperlich am Ende schien, musste ich nur Geduld haben. Leider verlor ich dann doch ein paar Meter doch genau da machte er den ersten Fehler und es zerlegte ihn unschön in die Steine. Ich ruf ihm immer wieder zu, dass es nur ein MTB Rennen sei und er nicht sein Leben riskieren müsse deswegen, doch er setzte seine Fahrt fort. Von der sauberen Linienwahl war jedoch nicht mehr viel zu sehen und so nahm er praktisch jeden Stein mit, der ihm im Weg lag. Auf dem Profil sah ich, dass die finalen 2 Km berghoch führten und so vertraute ich auf den Schlusssprint. Zu diesem kam es dann auch nicht mehr, denn ein zweiter grober Sturz kostete ihn den Anschluss, ich zog vorbei und bis ins Ziel durch. Das war schon ein sehr spezieller Sieg, denn erstens war es mein erstes Enduro-Rennen und dazu kamen noch die ganzen Umstände, neues Bike, keine Erfahrung & keine Streckenkenntnisse… Die Eckdaten des Rennens sind schon sehr speziell! Ich benötigte für die 68 Km knapp 5.5 Stunden und hatte ein Stundenmittel von gerade mal 13,4km/h!!!

Leider reichte es nicht für den Gesamtsieg, denn dazu hätte ich knapp 3 Minuten Vorsprung herausfahren müssen. Die Zeit hatte ich bei den gestrigen zwei Downhills verloren und genau diese Zeit hatte ich mich wohl auch beim Falschfahren verloren. Mit dem zweiten Gesamtrang konnte ich trotzdem gut leben, da ich das „klassische Ultra“ Rennen gewonnen habe und tatsächlich in einem Stück angekommen bin!
Susi erlebte ein rabenschwarzes Weekend mit einem Kettenriss am Samstag und kurz vor dem Ziel verfehlte er einen Abzweiger. So war die Gefühlslage etwas gemischt, als wir nach der Siegerehrung zum Flughafen fuhren. Für mich war es nach Anlaufschwierigkeiten ein geniales Wochenende und ich möchte an dieser Stelle meinem Ausrüster Intercycle ganz herzlich danken für die Bereitstellung des Bikes und natürlich auch Susi, dass du mich mitgenommen hast!

Die zerkratzten Arme, der geschwollene Knöchel von einem Steinschlag, die verkrampften Arme usw. werden schnell auskuriert sein, der Stolz auf mich selber, eine weitere Grenzerfahrung gemeistert zu haben bleibt und ist für mich mehr wert als das Resultat auf der Rangliste!
Nun werde ich am Dienstag zu einem Untersuch wegen den Durchblutungsproblemen gehen können und ich hoffe, dass ich danach endlich weiss, woran das Problem liegt. Am Samstag werde ich dann bereits das nächste Mal mit gepackten Taschen ins Team Trainingslager nach Mallorca fliegen! Ich halte euch aber auf dem Laufenden, wie es bei mir in dieser Saison weitergehen wird!
Happy Trails !
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