Allgemein

Ein paar Gedanken…

Zurück in der Heimat…… kein einfacher Wechsel! Ich hatte bereits vor einiger Zeit einmal darüber berichtet, dass ich oftmals meine Probleme habe, wenn ich die „Welten“ wechsle. Afrika vs. Schweiz, Entwicklungsland vs. Höchststandart, andere Sitten, andere Gebräuche, verschiedene Kulturen, Armut, Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Korruption, fehlende Bildung und und und… die Liste der Unterschiede ist unendlich lang und es ist nicht nur die Hautfarbe, die den Unterschied macht. Mir sind ein paar Zeilen wichtig, um meine Eindrücke und meine Ansichten aufzuschreiben.

Als ich das erste Mal in Kapstadt landete, war ich richtig geschockt. Die ersten 20 Km vom Flughafen führen ausschliesslich an Khayelithsa vorbei, dem grössten Township von Kapstadt. Blechhütte an Blechhütte steht da und grosse Familien teilen sich ein paar Quadratmeter zum Leben. Daneben auf der vorderen Seite des Tabel Mountains die Millionenschweren Villen an der Campsbay, die Luxuslofts am Seapoint oder die Yachten an der Waterfront. Rund um Stellenbosch dann die gepflegten und riesigen Weinfarmen im alten Stil mit imposanten Gärten und mächtigen Häusern, ein paar hundert Meter daneben die Blechhütten der Angestellten. Hier stossen schon beim ersten Anblick die Welten aufeinander und als Schweizer aus dem so „perfekten“, ordentlichen und demokratisch funktionierenden Staat häufen sich schnell die Fragezeichen. Bei uns hört man viel über die Kriminalität Südafrikas (Afrika im Generellen) und die Misswirtschaft der Regierung, doch wenn man sich einmal das Verhältnis zwischen der Anzahl Menschen, die Nichts besitzen und der „Oberschicht“ anschaut, dann finde ich es extrem friedlich hier. Die wenigsten Menschen wollen Krieg oder Streitereien und so trifft man eigentlich stets auf freundliche und aufgestellte Menschen, egal wie viel sie besitzen. In den meisten Entwicklungsländern ist die Mittelschicht noch untervertreten, doch sie wächst immer mehr. Es gibt auch in Südafrika mehrheitlich entweder reich oder arm.

Neulich stand ich an der Waterfront vor dem Privatschiff des Schweizer Multimilliardärs Bertarelli und da bekommt man ein klein wenig das Gefühl für den Unterschied. Denn für mich ist es kaum vorstellbar, dass jemand so viel Geld besitzen kann, um sich so ein Schiff zu leisten. Die Arbeiter, die 10 Rand (65 Rp.) in der Stunde verdienen, müssen etwa dasselbe fühlen, wenn sie sehen, dass ein Mercedes für 1.5 Mio. Rand ausgeschrieben ist oder die Fahrräder beim Cape Epic 120‘000 Rand kosten (beides ist praktisch unerreichbar). Der Unterschied ist einfach, dass in unserer Welt trotz der Unterschiede bei jedem die Grundbedürfnisse gedeckt werden. Hunger gibt es nicht und auch eine anständige Schulbildung ermöglicht jedem den Schritt nach vorne! Aber auch in unserer Welt braucht es Einsatz und Durchhaltewillen, denn von nichts kommt nichts. Da sehe ich grosse Unterschiede zwischen den Ländern. Billigarbeitskräfte gibt es massenhaft und Gesamtarbeitsverträge fehlen. Damit ist die Basis zum Ausnehmen oder Ausnutzen offensichtlich gelegt. Dazu kommt noch die Korruption.                                                                                                       Die Schweizer Korrektheit, Ordentlichkeit und Pünktlichkeit führt dazu, dass man sich auf (fast) alles verlassen kann. Ein Wort ist ein Wort und Abmachungen werden im Normalfall eingehalten. Es ist selbstverständlich, dass man pünktlich zur Arbeit erscheint, denn der Zug fährt auch auf die Minute genau. Verspätungen kosten immer Geld und schaden der Volkswirtschaft. In unserer Gesellschaft braucht es Leistung, damit man eine Gegenleistung erhält. Schon in der Schule spürt man den Druck von guten Noten, denn ohne sie schafft man keinen Zutritt fürs Gymnasium oder den Traumberuf, was entscheidende Folgen fürs ganze Leben haben kann. Der Lohn und somit der Verdienst ist ausschlaggebend für den Lebensstandart den wir führen wollen und oftmals wird dabei gegen die eigenen Bedürfnisse entschieden.

Wir sind ständigem Druck ausgesetzt, doch diesen machen wir uns oft auch selber, indem wir permanent vergleichen und auf materieller Basis werten. Durch das Internet werden uns die Möglichkeiten aufgezeigt und die Jugend lebt von ihren Vorbildern, den Stars, denen sie nacheifern. Durch die Medien weiss man heute Alles, egal wann und wo es auf dieser Welt geschieht. Das Internet beschert uns einen Informationsüberfluss und 99.99% der Infos bringen einem im eigenen Leben weder weiter, noch kann man selber was daran ändern. All dies verursacht viel Druck, Stress und sicher auch Unzufriedenheit. In unserer Welt vergessen die Leute viel zu oft, was sie haben und schätzen es nicht. Es muss immer noch mehr sein und der Drang nach mehr „Haben“ ist unersättlich. Dies ist eine ganz grosse Erkenntnis, die ich in den für mich anderen Welten wie Südafrika oder Namibia gelernt und gesehen habe. Die Leute sind zufriedener und akzeptieren was sie haben. Es spielt keine Rolle, wie oft man in den Urlaub geht und es muss auch nicht immer noch mehr sein. Die meisten Leute in den Townships von Kapstadt kommen in ihrem ganzen Leben nicht aus der Stadt heraus, geschweige denn fliegen sie irgendwo hin. Es beschwert sich niemand, wenn der Nachbar am Sonntag den Rasen mäht oder das Konzert zu laut ist! Die Leute lassen einander mehr Freiraum und sind toleranter!

Das Weltbild, welches (auch ich) oder wir uns machen, basiert vor allem auf den Medienberichten und der Tatsache, dass wir die Möglichkeit haben um die Welt zu reisen. Doch gerade deswegen sollte bei uns auch wieder mehr das Bewusstsein aufkommen, was wir besitzen und wie gut es uns in der Schweiz im Generellen geht.

Am Ende scheitert in den Schwellenländern wohl viel daran, dass man nicht trauen kann und dass es wie schon erwähnt keine Marktwirtschaft gibt mit Mindestlöhnen usw. Man kann praktisch immer jemanden ausnutzen und genau da liegt am Ende das Problem. Selbst auf die Polizei kann man sich nicht verlassen und wer, wenn nicht der Staat, schaut darauf, dass Regeln eingehalten werden. Ein kleines Beispiel ist für mich das Lichtsignal. Während  bei uns jeder wartet, bis die Ampel auf Grün steht, läuft selbst in Stellenbosch jeder einfach drüber. Es ist doch egal… es ist auch egal, ob man zu spät zur Arbeit kommt oder egal wie schnell und sauber man arbeitet. Es fehlen am Ende die  Konsequenzen und genau deshalb geht es nicht vorwärts. Als Tourist, so wie ich es bin, muss man allerdings lernen, sich anzupassen und zu akzeptieren. Auf die Dauer ist das gar nicht so einfach, wenn man aus dem „Vorbildsland“ der Pünktlichkeit kommt! Das grosse Privileg, welches auch ich habe, ist in den Flieger steigen und 12 Stunden später in der anderen Welt anzukommen.

Ich könnte noch lange schreiben und vergleichen oder erzählen, vlt. erhalte ich eines Tages die Möglichkeit, dass ich (sei es auch nur bei einem Vortrag) den Leuten ein paar Eindrücke und Erlebnisse erzählen kann! Die letzten zwei Tage habe ich seit langem wieder einmal auf dem Bau verbracht, den Dächern im Zürcher Oberland.

Das EKZ Cup Rennen wurde aufgrund von angesagten Schneefällen bis in die Tiefenlagen abgesagt und somit werde ich im Moment eine kleine Pause einlegen, denn die kommenden Wochen werden ziemlich streng, doch mehr dazu später!