Namibia, Rennberichte

Sieg beim Desert Dash Namibia! 370 km nonstop durch die Wüste! Langes Rennen, langer Bericht ;) !

370 Km, 3193 Höhenmeter, 15,03 Std., 11’000 Kalorien, 11 Liter Wasser, 2 Liter Cola, 25 Km/h Durchschnitt, 157 Durchschnittspuls

Was für ein Rennen, was für eine Nacht, was für Emotionen… 370 Km nonstop auf dem Mountainbike, kann ich so etwas überhaupt schaffen?! Meine Premiere beim Desert Dash in Namibia hatte ich letztes Jahr, als ich mit meiner Freundin das Mixed Rennen gewinnen konnte. Der Dash ist DAS MTB Rennen in Namibia, die Begeisterung für dieses Ultra-Rennen ist riesig und die Startplätze innert Sekunden ausverkauft. Das Rennen, welches von Windhoek quer durch die älteste Wüste der Welt (Namibwüste) bis an die Küste nach Swakopmund führt, kann entweder im 4er oder 2er Team oder ganz alleine gefahren werden. Da letztes Jahr die Challenge im 2er Team erfolgreich war, wollte ich es diesmal alleine schaffen! Zumal dachte ich, werden meine Grenzen nach so einem Rennen mit Sicherheit an einem ganz neuen Ort liegen!

So stand ich am Freitagnachmittag mit 500 anderen „Verrückten“ in der Tiefgarage des Grove Einkaufszentrum in Windhoek und wartete auf den Startschuss. Neben mir nahmen rund 111 Solo Fahrer das Rennen in Angriff, darunter gab es Viele, die schon mehrmals die Erfahrung solcher Ultra-Rennen gemacht haben. Trotzdem war ich als „Roockie“ bereits im Vorfeld der Favorit, dementsprechend hoch waren die Erwartungen. Unter kreischendem Jubel vieler Zuschauer und ohrenbetäubend lauter Musik startete ich mit Gänsehaut ins Abenteuer! Vor einem Jahr und auch die letzten Wochen herrschten Mittags um 3 Uhr normalerweise Temperaturen von 35 Grad, dazu kommt die Höhe von Windhoek (1700 M.ü.M.). Zutaten also, welche bereits in der ersten Rennstunde die ganze Suppe versalzen können! Diesmal meinte es der Wettergott gut und es hatte dunkle Regenwolken am Himmel, dazu blies ein starker Rückenwind. Perfekte Bedingungen also und so nahm das Rennen nach einer kurzen neutralisierten Phase seinen Lauf!

Kurz zum Rennformat

Das Rennen ist in 6 Etappen eingeteilt, denn so können sich die 4er & 2er Teams jeweils abwechseln. Die ersten 32 Km und die letzten 45 Km müssen allerdings alle zusammen als Team absolvieren, dazwischen liegen 4 weitere Etappen à jeweils gut 70 Km! Dies macht das Rennen taktisch interessant und die Teams müssen überlegen, wer für welche Etappe am besten geeignet ist. Nach der ersten Etappe muss zudem einer der Fahrer auch gleich die nächsten 75 Km fahren, dies gilt dann auch für den Letzten, denn dieser muss nach seiner 75 Km Etappe auch noch die letzten 45 Km gemeinsam mit dem Team dran hängen. Während die Teamfahrer bei jedem Wechsel mit neuen Flaschen und vollen „Batterien“ in die nächste Etappe starten, erhalten die Solofahrer erst ab der Hälfte Support von Aussen. Dass heisst, bis 180 Km müssen sie selber für Wasser und Verpflegung aufkommen, zwar gibt es alle 35 Km einen Verpflegungspunkt, doch anhalten bedeutet Zeit & Gruppenverlust….. dies war vor allem in meiner Situation der Fall denn:

Die ersten 32 Km führten hinauf zum Kupferberg-Pass. Nach den ersten 10 Kilometern auf asphaltierter Strasse hinaus aus Windhoek folgten dann bis zum Ziel nur noch Schotterwege mit teilweise richtig fiesen „corrigation roads“ (also Wellblech Kiesstrasse) und gegen Ende teilweise dicker Sand! Für mich gab es bereits im Vorfeld 3 starke 2er Teams und genau so kam es, die drei Teams zogen schon nach der ersten steileren Rampe dem Rest des Feldes davon. Selbst beim stärksten 4 Mann Team konnten nicht alle den Anschluss halten und darin liegt genau das Spannende an der Tatsache, dass alle gemeinsam die erste Etappe fahren müssen! Doch wie teilt man sich als Solofahrer ein solches Rennen ein? Bleibt man bei seiner Solokonkurrenz, oder fährt man am Anfang das hohe Tempo mit, um am Ende einzugehen? Für mich war klar, dass ich in der Spitzengruppe bleiben wollte, koste es was es wolle!

Auch für die Verpflegung hatte ich mir einen extra Plan ausgearbeitet und so startete ich mit einem Camelback plus 2 Flaschen, denn hätte ich bei den Wechseln am Anfang anhalten müssen, so hätte ich den Anschluss verloren! Mit Max Knox, Ben Melt & Dan Craven waren in allen 3 Teams sehr starke und bekannte Vollprofi-Fahrer vertreten, doch da sie etwas schwächere Partner hatten, war es für mich kein Problem um dran zu bleiben. Auch das Mehrgewicht vom Wasser fiel somit nicht ins Gewicht. So kam es also, dass ich nach der ersten Etappe an der Spitze zum Wechselpunkt gelang und da alle ein & ausschreiben müssen, vergeht ein wenig Zeit. Europcar Strassen-Profi Dan Craven war der Schnellste und lancierte gleich nach dem Wechsel eine Attacke. Da ich als Solo ja nichts wechseln musste, blieb ich einfach in seinem Windschatten und fuhr mit ihm weiter, während sich zu Max Knox und Tristan de Lange eine Lücke auftat. Zu jenem Zeitpunkt lag ich also nicht nur an der Spitze der Solokategorie, sondern auch overal sah es schon ganz gut aus. Mein Plan ging also perfekt auf, denn für die kommenden 70 Km rollte ich praktisch gratis im Windschatten mit und gewann somit mit geringem Aufwand viel Zeit! Zu meiner Überraschung konnten unsere Verfolger die Lücke nicht schliessen, dies lag vor allem daran, dass der Wind nach der ersten Stunde gedreht hatte und nun direkt von vorne kam! Daran sollte sich übrigens bis ins Ziel nichts mehr ändern!

Desert Dash Stage 1

Bei 100 Km folgte der nächste Wechsel und da lag dann auch mein Problem. Denn während Craven ganz einfach übergab und sein Partner Costa weiter fahren konnte, musste ich nach 3,5 Std. nun doch Wasser tanken. Die Verpflegung lag nicht direkt an der Strecke und so verlor ich mehr als 1 Minute und der Anschluss war somit verloren. Doch da ich am Anfang das Risiko genommen hatte und bei der Attacke mitfuhr, blieb mir ein schönes Polster auf die nächsten zwei 2er Teams. In aller Ruhe konnte ich die Flaschen füllen und die zweite Teil-Etappe in Angriff nehmen. Diese kannte ich zum Glück vom letzten Jahr, denn da folgte gleich am Anfang ein längerer Anstieg. Diesen fuhr ich dann so langsam hinauf, dass mich die anderen beiden exakt beim Bergpreis wieder einholten. Somit konnte ich entscheidende Körner sparen und im weiteren Verlauf der Etappe wieder vom Windschatten profitieren! Eine richtige Schrecksekunde hatte ich dann doch, denn plötzlich hatte ich einen Platten Hinterreifen. Es war Mittlerweilen schon dunkle Nacht, doch zum Glück war genau zu jenem Zeitpunkt das TV Motorrad bei mir und logischerweise wollten sie das Debakel einfangen. Durch die Beleuchtung fand ich das Problem schnell raus (es war ein dicker Dorn im Reifen) und konnte den Schaden mit einer CO2 Patrone schnell beheben. Glücklicherweise dichtete die Milch das Leck und ich konnte weiter fahren. Nun musste ich über die nächsten 2 Wellen richtig viel investieren, um wieder in die Gruppe zu kommen.

Kurz nachdem ich den Anschluss wieder hergestellt hatte, konnten meine zwei Begleiter auch den an der Spitze liegenden Costa stellen und das Rennen begann wieder bei 0! Durch den starken Gegenwind war das Tempo nicht richtig hoch und mir war schnell klar, dass ich insgesamt wohl noch 1 Std. länger fahren werde als geplant. Der nächste Wechsel kam dann nach 175 Km und somit war die Hälfte der Distanz erreicht und ich durfte erstmals meinen Support (Vera’s Vater) beanspruchen. Diesmal blieb mir nämlich keine Zeit, um anzuhalten, denn unmittelbar nach dem Einschrieben lancierte Knox eine Attacke. Nun waren wieder Craven und de Lange am Zug und mussten die Lücke schliessen. Schön erholt ballerten sie die ersten 10 Minuten wie die verrückten durch die stockfinstere Nacht! Ich hatte nicht einmal Zeit, um etwas aus meinem Verpflegungssack, welchen ich zuvor überreicht bekam (davor hatte ich alles in meinen Trikottaschen) zu packen. Während sich die anderen ja davor rund 3 Std. erholen konnten, hatte ich bereits 6.5 Std. in den Beinen und die Tempoverschärfung tat ganz schön weh. Dazu machte mein Magen nicht mehr mit und ich brachte ausser Cola einfach nichts mehr runter!

Craven und Knox schlugen sich sprichwörtlich die Köpfe ein, solange, bis De Lange den Anschluss verlor. Dies war dann eigentlich auch mein Glück, denn währe ich das Tempo länger mitgegangen, dann hätte ich am Ende mit Sicherheit die Sternchen gesehen! Die Teil-Etappe war praktisch flach, dafür war der Schotter tief und das „Wellblech“ unerträglich, zum Glück hatte ich das Vollgefederte 120mm Bike und somit bisschen Extra- Komfort! Nach 250 Km folgte der nächste Wechsel und da brauchte ich etwas mehr zeit, um den neuen Camelback zu kriegen und und ich hatte erstmals eine kleine Krise. Während de Lange an Melt übergab, verlor ich den Anschluss. Zudem musste Melt versuchen, auf seiner nächsten Etappe die Lücke zur Spitze zu schliessen. Da ich zu jenem Zeitpunkt schon einen beträchtlichen Vorsprung hatte, wollte ich mich nicht mehr weiter leer fahren. Schliesslich liegen die kommenden Wochen wichtige Trainingswochen für die nächste Saison vor mir und da war es sicher sinnvoll, den Schaden aus diesem Monster Rennen in Grenzen zu halten.

So kam es, dass ich die letzten 120 Km alleine zurücklegen musste. Der Gegenwind tat sein Übriges, dass ich ab und zu so richtig genug hatte. Nach gut 280 Km sah ich dann plötzlich ein Rücklicht vor mir und siehe da, ich konnte Costa (Craven’s Partner) einholen. Dieser hatte ordentlich den „Parkschein“ gezogen und so schleppte ich ihn die nächsten 40 Km in meinem Windschatten mit. Obwohl ich die letzten 4 Stunden nur noch einen Riegel runter brachte und ansonsten ausschliesslich Cola & Wasser trank, fühlte ich mich wieder immer besser. Kurz vor dem letzten Wechsel fiel Costa zurück und so lag ich tatsächlich overal auf dem 3ten Rang! Die letzten 45 Km forderten dann nochmals alles ab, denn die Strecke führte durch die riesigen Sanddünen bevor ich endlich die Lichter von Swakopmund sehen konnte. Craven konnte seinem Partner nicht mehr helfen und somit fuhr ich alleine in den Sonnenaufgang. Zum Glück, denn mein Akku war leer und das Licht erlosch somit genau zum richtigen Zeitpunkt!

6.03 Uhr, 15,03 Std. nach dem Start erreichte ich schliesslich als Sieger der Einzelwertung und als 3ter insgesamt das Ziel direkt an der Küste! Zuschauer waren zu dieser Uhrzeit logischerweise noch nicht viele an der Strecke, doch all meine Betreuer und die Film-Crew empfingen mich herzlich in den frühen Morgenstunden! Wahnsinn, ich konnte es kaum fassen, zu welch einer Leistung mein Körper in der Lage ist! Ohne Wind wäre ich mit Sicherheit noch einiges schneller unterwegs gewesen doch ich war auch so super zufrieden. Meine Vorbereitung beschränkte sich nach der fast 3 wöchigen Pause auf eine 25 Stunden Woche und ich war überrascht, wie gut meine Beine drehten und wie lange ich mit den 2er Teams mitfahren konnte! Ein solches Erlebnis ist mit nichts zu vergleichen und schlicht einmalig! Sehr viel geholfen hatte mir sicherlich auch die Erfahrung des letzten Jahres! Denn meine Ängste vor den jagenden Hyänen und sonstigen wilden Tieren blieben diesmal komplett aus und somit sparte ich mit Sicherheit ein paar extra Pulsschläge dazu! Letztes Jahr fuhr ich zudem die meiste Zeit alleine durch die finstere Nacht, diesmal hatte ich die meiste Zeit Begleitung, wodurch die Zeit etwas schneller verstrich! Das Gefühl, Nachts irgendwo jenseits jeglicher Zivilisation durch eine Wüste zu fahren ist mit nichts zu vergleichen!

Desert Dash Solo

Kurz nachdem ich alle Interviews gegeben und etwas kleines gegessen hatte, konnte meine Freundin zusammen mit Norbert Meyer den Sieg im Mixed Rennen einfahren! Was für ein erfolgreicher Saisonschluss oder Saisonbeginn! Trotz der Freinacht und 370 Km in den Beinen war ich überhaupt nicht kaputt und selbst heute, 24 Std. nach der Zieleinfahrt spüre ich ausser dem Schlafmangel meine Beine kaum! Es war auf jeden Fall eine gute „Therapie“ für mich und ich bin froh, hatte ich keinerlei Beschwerden! Ich bin mir nämlich sicher, dass diese 15 Stunden ansonsten extrem an die nervliche wie physische Substanz gehen können! Am Ende ist so eine Fahrt ganz einfach nur Kopfsache!

Ein ganz grosses Dankeschön möchte ich an dieser Stelle Vera’s Vater für den Support aussprechen! Dazu hat seine Firma, Adrian & Meyer Juwellier gemeinsam mit Tissot das Startgeld und die Kosten für den Trip übernommen.

Nun werde ich noch ein paar Tage in Swakopmund bleiben, bevor wir am Donnerstag zurück nach Windhoek reisen und dort Weihnachten feiern! Das Training werde ich voraussichtlich am kommenden Dienstag wieder aufnehmen, denn bis kurz vor Weihnachten muss nochmals ein ordentlicher Trainingsblock rein, da ich danach mit Vera’s Familie auf eine 6 Tage lange Safari quer durch die Wüste von Lüderitz nach Walvisbay gehe. Insgesamt sind wir dann 8 Tage im Outback fernab jeglicher Zivilisation! Wie ihr seht, werde ich hier als verwöhnter Schweizer ganz schön dran genommen, hehe!

Ich wünsche euch allen eine schöne Weihnachtszeit und jedem Abenteurer kann ich nur empfehlen, sich den Desert Dash schon mal rot in der Agenda für 2016 anzustreichen! Ich werde auf jeden Fall wieder dabei sein, obwohl ich vor dem Rennen noch gesagt hatte, einmal und nie wieder.

Merry Christmas!

Desert Dash Bike

Erindi Lodge

Erindi 1